EU-Staaten: Sanktionen gegen fremdenfeindliche Hetze

Hakenkreuzbeschluss mit Schlupflöchern

Symbole wie das Hakenkreuz, das Singen nationalsozialistischer Liedtexte, das Leugnen des Holocaust. In Deutschland verboten, ohne rechtliche Konsequenzen in vielen Ländern Resteuropas. Bislang. Nun wurden erstmals in der Geschichte der EU einheitliche Sanktionen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit beschlossen. Ob die Länder ihre Gesetze tatsächlich ändern, bleibt jedoch fraglich.

 (DR)

"Wichtiges politisches Signal für die EU"
Die in Luxemburg tagenden Justizminister einigten sich am Donnerstag auf eine Reihe strafrechtlicher Mindeststandards. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sprach von einem "wichtigen politischen Signal für die EU".

Dem Beschluss der Minister zufolge wird die Aufstachelung zu Gewalt und Hass künftig mit bis zu drei Jahren Haft bestraft. Verboten werden etwa Liedtexte, in denen zu Angriffen auf bestimmte ethnische Gruppen ermuntert wird. Der EU-Beschluss enthält auch ein Verbot der Leugnung von Völkermorden, das den Holocaust einschließt. Für Großbritannien, Dänemark und andere Länder wäre eine solche Regelung eine Neuerung.

Ob die Länder ihre Gesetze tatsächlich ändern, bleibt jedoch fraglich. Bei der Auslegung des Beschlusses ist viel Spielraum vorgesehen. Sie sei überzeugt davon, dass der Beschluss sich auf die Gesetzgebung der EU-Staaten auswirken werde, betonte Zypries. In Deutschland etwa sei die Leugnung des Holocaust untersagt, nicht aber die anderer Völkermorde. Die Bundesrepublik werde ihre Gesetze entsprechend erweitern, so die Ministerin.

Netzwerk: Zahlreiche Schlupflöcher
Das Europäische Netzwerk gegen Rassismus (ENAR) kritisierte, der Text enthalte zahlreiche Schlupflöcher, mit deren Hilfe sich die EU-Staaten ihrer Verantwortung entziehen könnten. Es bemängelte unter anderem die vage Sprache des Dokuments und das Fehlen von Mindeststrafen.

Die Verbrechen des Stalinismus sind, anders als von östlichen EU-Staaten gefordert, aus dem Dokument ausgeklammert. Sie würden separat diskutiert, erläuterte Zypries. Auch die Verbreitung von Hakenkreuzen und anderen einschlägigen Symbolen wird nicht geahndet.

EU-Justizkommissar Franco Frattini begrüßte die Einigung und lobte die Bemühungen der deutschen EU-Präsidentschaft. In Europa dürfe es keinen sicheren Hafen für Rassismus und Antisemitismus geben, sagte Frattini. Die EU-Kommission hatte den Entwurf zum Beschluss bereits 2001 vorgelegt. Er war zuletzt unter luxemburgischer EU-Präsidentschaft 2005 diskutiert worden, damals jedoch am Widerstand Italiens gescheitert.

865 rechtsextreme Straftaten im Februar gemeldet
Die Bundesländer haben im Februar insgesamt 865 rechtsextremistische Straftaten gemeldet, 144 weniger als im Vormonat. Dazu zählten 47 Gewalttaten - elf weniger als im Januar - sowie 631 Propagandadelikte, erläuterte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Links-Fraktion. Wie die Pressestelle des Bundestages am Donnerstag weiter mitteilte, wurde ein fremdenfeindlicher Hintergrund bei 123 Straftaten festgestellt.

Insgesamt konnten 456 Tatverdächtige ermittelt und 46 Personen festgenommen werden, heißt es in der Antwort weiter. Es gab aber keinen Haftbefehl. 42 Personen seien verletzt worden; Todesfälle seien nicht zu verzeichnen gewesen.

NRW an vierter Stelle bundesweit
Nach Bundesländern unterschieden, lagen Niedersachsen (12 Gewalttaten und 108 sonstige Straftaten) und Sachsen (8 Gewalttaten und 112 sonstige Straftaten) an der Spitze der Statistik. Dahinter folgten Bayern (2 Gewalttaten und 93 sonstige Straftaten) und Nordrhein-Westfalen (5 Gewalttaten und 87 sonstige Straftaten).

Bei 123 Straftaten, darunter 25 Propagandadelikte und 22 Gewalttaten, konnte laut Bundesregierung ein ausländerfeindlicher Hintergrund festgestellt werden. 126 Tatverdächtige seien ermitteln und zwölf Personen festgenommen worden. Auch hierbei sei in keinem Fall Haftbefehl erlassen worden. Niedersachsen liege bei den Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund an der Spitze (sechs Gewalttaten und 20 sonstige Straftaten).
Dahinter folgten Nordrhein-Westfalen (vier Gewalttaten und 20 sonstige Straftaten) und Bayern (eine Gewalttat und 15 sonstige Straftaten).