Essener Gemeinde hält Hühner im Pfarrgarten

Soziales Projekt mit sozialen Tieren

Auf dem Kirchturm der Hahn, im Pfarrgarten die Hühnerschar. So läuft das in der katholischen Gemeinde St. Hubertus und Raphael in Essen. Wie es dazu gekommen ist und warum die Hühner eine Bereicherung sind, erklärt Janet Olgemöller.

Janet Olgemöller und die Hühner im Pfarrgarten (privat)
Janet Olgemöller und die Hühner im Pfarrgarten / ( privat )

DOMRADIO.DE: Sie sind eines der Gemeindemitglieder, die sich um die vier Hennen kümmern, Futter und Wasser geben, den Stall sauber machen. Wie ist es denn überhaupt zu dieser Geschichte gekommen? 

Janet Olgemöller (Gemeinde St. Hubertus und Raphael in Essen): Der Bischof hat im Sommer 2020 eine Challenge ausgerufen, bezugnehmend auf das Gleichnis im Markus- bzw. Matthäusevangelium mit den Talenten, dass man aus möglichst wenig viel machen soll. 

Die Herausforderung war: Jeder hat 50 Euro zur Verfügung. Unsere Gemeinde hat es mit den Kirchenhühnern auf sage und schreibe 1.650 Euro gebracht. 

Wir hatten sie günstig angeschafft, dann haben wir Eier verkauft, Eierlikör, Plätzchen. So haben wir ganz viel Geld eingesammelt und richtig viel Spaß an den Kirchenhühnern. 

DOMRADIO.DE: Sie halten auch privat Hühner. Für viele Menschen sind das zunächst einmal nur Eierleger. Man findet die Eier im Supermarkt und hat gar keinen Kontakt zu den Tieren. Aber vermutlich haben die Tiere noch ganz andere Eigenschaften, als nur Eier zu legen? 

Olgemöller: Das stimmt. Eier sind natürlich super und nichts geht über die eigenen guten Eier. Die Hühner sind aber sehr sozial. Sie sind auch kuschelig, die können richtig anhänglich werden. Und außerdem sind sie lernfähig. 

Manchmal meint man zwar auch, es fehlen ein paar Hirnzellen, aber es sind wirklich absolut soziale Tiere. Sie wirken total wohltuend und beruhigend. Es macht einfach nur riesengroße Freude, denen zuzuschauen. 

Janet Olgemöller

"Dann sind sie wirklich sozial und es bilden sich richtige Hühner-Freundschaften, was sehr schön zu beobachten ist."

DOMRADIO.DE: Die Hühner haben auch eine Hackordnung. Das ist noch sehr urzeitlich und zivilisiert. Es gilt das Recht der Stärkeren, oder? 

Olgemöller: Absolut. Der Dinosaurier im Huhn ist klar erkennbar. Manchmal ist das für den Menschen auch sehr schwer zu ertragen, wenn die Hackordnung ausgefochten wird. Das ist aber in der Regel am Anfang, dann steht die klar. Zwischendurch kann natürlich immer mal etwas umrangiert werden, aber wenn die Hackordnung einmal steht, klappt das eigentlich wunderbar. 

Dann sind sie wirklich sozial und es bilden sich richtige Hühner-Freundschaften, was sehr schön zu beobachten ist. Manchmal sind die Hühner aber auch kleine Rassisten. Man sollte nie unbedingt ein Huhn von einer Rasse haben, das kann schon mal in die Hose gehen. Das hat dann oft zu leiden. Da sind sie leider nicht besonders christlich. 

Aber im Großen und Ganzen sind es wirklich sehr soziale Tiere. 

DOMRADIO.DE: Die auch Trauer empfinden können? Sie sagten ja, dass es auch Hühner-Freundschaften gibt ...

Olgemöller: Ja, die können tatsächlich richtig trauern. Die merken auch, wenn es einem Huhn schlecht geht. Das hatten wir auch schon. Ein Huhn hatte sich mit Narzissen vergiftet und dann hat eben die Freundin den Flügel darüber gelegt und es ist dann quasi unter ihrem Flügelchen auch eingeschlafen. Die trauern also auch und leiden, wenn dann eine Freundin in den Hühner-Himmel geht. 

Janet Olgemöller und die Hühner im Pfarrgarten (privat)
Janet Olgemöller und die Hühner im Pfarrgarten / ( privat )

DOMRADIO.DE: In der Bibel spielt zumindest der Hahn eine Rolle. Die bekannteste Stelle ist wahrscheinlich: "Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen", so sagt es Jesus zu Petrus. Ansonsten ist der Hahn ja auch Symbol für die Verkündigung. Zu Recht in ihren Augen? 

Olgemöller: Absolut. Wenn das Licht aufgeht, ist der Hahn auch parat. Ich habe selber einen und er kündigt das Licht an. Das kann man definitiv so unterstreichen. 

Ein Hahn ist aber bei der Hühnerschar im Pfarrgarten nicht dabei? 

Olgemöller: Da haben wir keinen Hahn mehr, nachdem sich die Nachbarn beschwert hatten.

Janet Olgemöller

"Das war uns als Sozialprojekt so wichtig, dass wir dann, nachdem leider alle in den Hühner-Himmel gegangen sind, vier neue Hühner angeschafft haben."

DOMRADIO.DE: Legehennen verlieren nach rund anderthalb Jahren ihre Leistungsfähigkeit und werden dann von Betrieben geschlachtet. Im Pfarrgarten hatten Sie genau solche "ausrangierten" Hühner, damit sie eben nicht geschlachtet werden mussten? 

Ja, jetzt haben wir schon die zweite Charge. Aber damals haben wir tatsächlich mit "ausrangierten" Hühnern. angefangen Die hatten dann noch eine sehr schöne Zeit bei uns. Das ist also bei uns ein sehr soziales Projekt, wo auch der Kindergarten integriert ist.

DOMRADIO.DE: Sozial in mehrfacher Hinsicht.

Olgemöller: Absolut, wir hatten dann auch sieben Monate zu Hause eine ukrainische Flüchtlingsfamilie, auch die haben wir in die Hühnerversorgung mit integriert, die hatten auch einen festen Tag bekommen. Der Kindergarten hat einen festen Tag. Das war uns als Sozialprojekt so wichtig, dass wir dann, nachdem leider alle in den Hühner-Himmel gegangen sind, vier neue Hühner angeschafft haben.

DOMRADIO.DE: Sind Hühner für Sie Haustiere? Sie haben schon gesagt, dass sie kuschelig sind. Lassen sie sich auch streicheln?

Olgemöller: Unsere Pfarrhühner sind sehr kuschelig. Die kommen immer und lassen sich streicheln. Natürlich ist es auch ein Nutztier. Das muss man noch mit klaren Augen sehen. Es ist aber gerade heutzutage immer mehr ein Haustier geworden. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR