Pfarrer Boss resümiert Treffen mit Kardinal Woelki

"Es ist vieles in Bewegung gekommen"

Am Donnerstagabend haben Mitglieder der Düsseldorfer Gemeinde St. Margareta dem Kölner Erzbischof die Rote Karte gezeigt. Im Anschluss kam es zu einem klärenden Gespräch. Pfarrer Oliver Boss betont, wie wichtig weiterer Austausch ist.

Rainer Maria Kardinal Woelki (l.) und Pfarrer Oliver Boss / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Rainer Maria Kardinal Woelki (l.) und Pfarrer Oliver Boss / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie gestern den Empfang und die Demonstration erlebt?

Msgr. Oliver Boss (Leitender Pfarrer der Kirchengemeinde Sankt Margareta in Düsseldorf ): Der Herr Kardinal ist mit dem Wagen vorgefahren und ausgestiegen. Es eröffnete sich ihm ein Spalier von 80 bis 100 Personen aus unserer Gemeinde, die eine rote Karte hochgehalten haben. Und durch dieses Spalier ist er dann durchgegangen, um in den Kirchenraum reinzugehen, wo 44 Vertreter auf ihn warteten, um ins Gespräch zu kommen.

DOMRADIO.DE: Wie war da die Stimmung?

Boss: Die Stimmung war von Offenheit, von Ehrlichkeit, ich würde fast sagen von Transparenz geprägt. Der Kardinal hat sehr persönlich gesprochen. Er hat zum Beispiel gesagt, dass seine zweijährige Ausbildung in der Gemeinde St. Katharina, die zu unserer Pfarrei heute gehört, die schönste Zeit seines Lebens gewesen sei und dass er sich deshalb der Gemeinde sehr verbunden fühlt.

Das war genau die Gemeinde, in der jetzt der damalige Pfarrer des Missbrauchs beschuldigt wird. Insofern war es für ihn auch eine sehr emotionale Auseinandersetzung mit dem Thema. Sehr persönlich. Und von den Gemeindemitgliedern, von den Vertreterinnen und Vertretern, gab es auch zum Teil sehr bewegende Statements in seine Richtung.

DOMRADIO.DE: Beobachter sagen, er soll sehr nervös gewirkt haben.

Boss: Ja, aber das kann man nur verstehen, wenn man in eine Situation hineinkommt, wo man im Grunde im Vorhinein weiß: Da sitzen jetzt ganz viele Menschen, die nicht mit seiner Amtsführung zufrieden sind. Insofern war natürlich eine gewisse Spannung im Vorfeld da, die sich aber innerhalb der Diskussion entspannte, obwohl natürlich auch sehr offen und auch teilweise hart gesprochen wurde.

DOMRADIO.DE: Kam nicht auch eine angespannte Situation dadurch zustande, dass es Beifall gab aus den Reihen Ihrer Gemeinde, als er zum Rücktritt aufgefordert wurde?

Boss: Ja, sicherlich, wobei das nicht das erste Mal gewesen sein mag, dass das passiert ist.

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie Ihre Gemeinde erlebt? Das ist für Sie als Pfarrer, der quasi zwischen allen Stühlen sitzt, ja auch nicht so einfach.

Boss: Da haben Sie vollkommen recht. Natürlich ist es meine Aufgabe als Pastor, als Pfarrer, die Gemeinde zusammenzuhalten. Ich kenne die Aktivistinnen und Aktivisten draußen wie drinnen sehr gut. Das sind Leute, die sehr engagiert sind und denen es tatsächlich um die Sache geht. Von daher bin ich mit allen Gruppierungen im Gespräch.

Innerhalb der Diskussion gab es plötzlich eine Ebene, wo die Gemeinde miteinander diskutiert hat. Da ging es um das Thema Firmung. Soll der Kardinal zur Firmung kommen oder nicht? Plötzlich gab es diejenigen, die sagen: Nein, der Kardinal soll nicht kommen. Andere sagten, der Kardinal muss kommen. Das zeigt mir, dass wir hier auch schauen müssen, wie wir beieinander bleiben.

DOMRADIO.DE: Wird er denn kommen? Sie kennen ihn ja ganz gut. Wie wird er entscheiden?

Boss: Er hat zunächst einmal offengelassen, wie seine Entscheidung ausfällt. Er hat darum gebeten, dass in der kommenden Woche nochmal ein Gespräch mit den Firmanden selber stattfindet. Denn um die geht es und die sind oft sehr aus dem Blick geraten. Von daher warten wir mal ab, was dieses Gespräch ergeben wird, was jetzt innerhalb der Gemeinde geführt wird. Dann werden wir weitersehen.

DOMRADIO.DE: Was denken Sie, wie es jetzt weitergeht? Das ist ja mehr als ein pfingstliches Brausen, was da gerade Ihre Gemeinde erfasst hat.

Boss: Ich bin kein Prophet, aber ich möchte es durchaus positiv betrachten. Es ist vieles in Bewegung gekommen. Uns allen ist, glaube ich, bewusst, dass das Gespräch nötig ist, dass wir auch innerhalb der Gemeinde mit unterschiedlichen Gruppierungen im Gespräch sein und bleiben müssen.

Und dass uns doch auch der eine Glaube verbindet. Das ist das Fundament, auf dem wir stehen. Das sollte tragen. Da ist es auch natürlich mit meine Aufgabe und die meiner Kolleginnen und Kollegen im Pastoralteam dafür zu sorgen, dass dieser Austausch weiter gepflegt wird. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

 

Quelle:
DR