Erzbischof Ludwig Schick über die zweite Afrika-Synode

"Nur Afrikaner können Afrika Zukunft geben"

Seit einer Woche tagt im Vatikan die zweite Bischofssynode für Afrika. Ihr Thema: "Die Kirche in Afrika im Dienst von Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden". Aus dem deutschen Sprachraum wurde der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick, vom Papst in die Versammlung berufen.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

KNA: Herr Erzbischof, seit einer Woche tagt im Vatikan die zweite Bischofssynode zu Afrika. Was ist Ihr erster Eindruck?
Schick: Es ist eine lebendige Synode. Man spürt, die afrikanische Kirche ist jung, sie ist zukunftswillig und zukunftsträchtig. Sie steht, wie die afrikanische Gesellschaft insgesamt, vor großen Herausforderungen - nicht zuletzt infolge des rasanten Wachstums.
Aber sie will diese Probleme angehen und lösen. Wie aktiv und lebendig die Synode ist, spürt man besonders bei den freien Diskussionen, die jeden Nachmittag angesetzt sind. Sie werden voll ausgeschöpft, die Bischöfe äußern sich spontan zu aktuellen Problemen und erbitten die Unterstützung der Synode.

KNA: Ist es eher eine Synode der Weltkirche über Afrika - oder eine Synode der Afrikaner?
Schick: Es ist wichtig, dass Afrika zur Sprache kommt. Die Afrikaner sollen sich selber, ihre Ideen, ihre Werte und ihre Wünsche artikulieren. Das Problem des Kontinents ist, dass in der Vergangenheit meist andere über Afrika gesprochen und entschieden haben, Europäer, Amerikaner und Araber. Letztlich können nur die Afrikaner selbst Afrika eine gute Zukunft geben.
Die afrikanischen Bischöfe nutzen die Synode dazu in aller Offenheit. Mich freut, dass sie nicht klagend oder bittend auftreten. Sie stellen die großen menschlichen und ethischen Werte ihres Kontinents und seiner Völker dar, die Naturressourcen, die Kulturen und Traditionen, die vielen jungen Menschen. Afrika wird die Wiege der Menschheit genannt. Ein versöhntes, gerechtes und friedvolles Afrika kann die Wiege einer neuen Welt werden. Denn die biblischen Begriffe Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden sind für die ganze Welt wichtig. Sie sind Voraussetzung für ein gutes solidarisches Miteinander der Völker, aus dem eine gute Zukunft für die ganze Menschheit entsteht.

KNA: Was ist anders als bei anderen Bischofstreffen?
Schick: Die Lebendigkeit und die Aktivität der Teilnehmer. Das liegt sicher daran, dass fast alle Afrikaner sind. Zugleich sind die Teilnehmer auch jung. Nur 48 von den etwa 250 waren schon bei der ersten Synode 1994 dabei. Es ist eine neue und junge Versammlung.

KNA: Zeichnen sich nach einer Woche bereits klare Akzente heraus?
Gibt es einen roten Faden?
Schick: Die theologischen und spirituellen Wurzeln des Themas Versöhnung, Gerechtigkeit und Frieden spielen in den Diskussionsbeiträgen eine große Rolle. Die Synode macht deutlich:
Ohne Bibelkenntnis, ohne Bekehrung der Herzen, ohne Spiritualität, ohne lebendige Liturgie können Versöhnung und Frieden nicht gelingen. Zum zweiten wird der Wunsch nach einer Veränderung in der afrikanischen Gesellschaft deutlich. Dazu braucht es den interreligiösen Dialog wie auch den Dialog mit den Regierungen.
Zum dritten wird mehr Dialog auch mit den Kirchen in anderen Ländern und mit den internationalen Organisationen gefordert. Die meisten Probleme, denen Afrika gegenübersteht, können nur gemeinsam mit den anderen Religionen und Ländern bewältigt werden. Das gilt für Menschenhandel und Emigration, für den Klimawandel, für das Problem von Waffenlieferungen, für den fairen Handel. Hierzu erwarten die Afrikaner einiges von Europa. Die wenigen europäischen Bischöfe, die vom Papst in die Synode berufen wurden, müssen dazu beitragen, dass dieser Dialog der Afrikaner und ihrer Kirche mit Europa, den USA, mit Lateinamerika und Asien besser in Gang kommt.

KNA: Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Synode für die Kirche in Deutschland?
Schick: Wir müssen den Dialog und die Partnerschaften noch weiter verstärken. Unsere Kontakte mit Afrika sind recht gut. Wir treffen uns regelmäßig mit dem afrikanischen Bischofsrat SECAM. Es bestehen
Diözesan- und Pfarreipartnerschaften. Aber es ist wichtig, dass wir die Gespräche und Begegnungen weiter intensivieren. Wir müssen wissen, was Afrika wirklich will und braucht, um das in unsere Regierungen und auch in die EU hinein zu transportieren - für eine gute Zukunft in Afrika. Die deutsche Kirche kann viel von der tiefen Spiritualität, der Glaubensfreude, der Jugend und der Energie der afrikanischen Christen profitieren.

KNA: Was erwarten Sie sich für den weiteren Verlauf der Synode?
Schick: Meines Erachtens müssen die vielen angesprochenen Themen, Anliegen und Vorschläge präzisiert werden. Die Synode muss zum Abschluss eine gute Botschaft an die Welt richten. Und sie muss ihre Arbeit in klaren und konkreten Präpositiones (Vorschlägen) zusammenfassen, die dem Papst übergeben werden. Er erstellt daraus ein postsynodales Schreiben. Bei der Energie, die ich bei der Synode spüre, habe ich die Hoffnung, dass die Arbeit gut und die Synode ein Erfolg wird.