Erzbischof Koch zieht positive Bilanz zur Halbzeit der Synode

Ermutigung für Christen im Nahen Osten

Im Vatikan tagt seit einer Woche die Bischofssynode für den Nahen Osten. Erzbischof Kurt Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, äußert sich im Interview sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf der Versammlung.

Erzbischof Kurt Kardinal Koch (KNA)
Erzbischof Kurt Kardinal Koch / ( KNA )

KNA: Halbzeit bei der Bischofssynode zum Nahen Osten. Wie haben Sie, Herr Erzbischof, die erste Woche erlebt?

Koch: Ich habe einen sehr guten Eindruck von der Synode. Unter Katholiken herrscht mitunter die Vorstellung vor, es gebe nur den Primat des Papstes, aber keine Synodalität. Hier erlebt man, wie sich die Bischöfe und auch die Beobachter frei äußern und ihre Voten einbringen. Es herrscht eine gute Atmosphäre. Natürlich verläuft die erste Synodenwoche mit den Generaldebatten und den vielen Kurzstatements immer etwas zäh. In der kommenden Woche ist dann in den Sprachgruppen eine viel eingehendere Diskussion möglich.



KNA: Nach dem Wunsch der Organisatoren soll die Synode pastoral ausgerichtet sein, nicht politisch. Ist das gelungen?

Koch: In der Region des Nahen Osten kann man Pastoral und Politik nicht so chemisch rein trennen. Denn die Pastoral steht in einer ganz konkreten Situation. Dieser politische Kontext klingt immer wieder an, aber er steht nicht im Mittelpunkt. Im Mittelpunkt stehen das Leben der Kirche, ihre Sorgen, ihre großen Probleme. Vor allem geht es um die Auswanderung der Christen aus dieser Region. Aber sie befasst sich auch mit Priester- und Ordensberufungen. Es geht also um Überlegungen, wie das kirchliche Leben weitergehen kann und soll.



KNA: Ist die Ökumene zu dem starken Thema der Synode geworden, wie man im Vorfeld vermutete?

Koch: Das Thema wird immer wieder angeschnitten. Bislang waren zwei Voten komplett der Ökumene gewidmet - die des maronitischen Erzbischofs Paul Nabil El-Sayah aus Haifa und des Libanesen Simon Atallah von Baalbek. Ansonsten tauchen Aspekte der Ökumene immer wieder und von unterschiedlichen Zugängen her auf.



KNA: Hatte man da nicht mehr erwartet? Da alle Christen in Nahost vor ähnlichen Problemen stehen, vermutete man Ökumene doch als Zentralthema. Oder haben hier Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen katholischen Riten zunächst Vorrang?

Koch: Ich glaube beides: Die Herausforderung der Situation zur Ökumene hat natürlich auch dazu geführt, dass die katholischen Ostkirchen selbst mehr zusammenleben und zusammenwirken müssen. Es besteht eine Wechselbeziehung. Auf der einen Seite führt die Gemeinschaft der katholischen Ostkirchen zur Überzeugung, wir müssen ökumenisch weitere Schritte gehen. Auf der anderen Seite ist die ökumenische Herausforderung wiederum ein Rückschluss auf die konkrete Communio innerhalb der katholischen Ostkirchen.



KNA: Bei der Synode nehmen Beobachter nicht-katholischer Patriarchate und Kirchen teil. Gibt es bereits eine Resonanz?

Koch: Die "Delegati Fraterni" hatten am Freitagmorgen Gelegenheit, ihre Voten einzubringen. Das hat jeder auf seine Art und aus der Sicht seiner eigenen Kirche getan. Anschließend sind diese Delegierten auch mit dem Papst persönlich zusammengetroffen. Ich habe von ihrer Seite ein sehr positives Echo auf die Synode erhalten.



KNA: Zu den Höhepunkten der ersten Synodenwoche gehörte die Rede von Rabbiner David Rosen. Die Resonanz in der Aula schien verhalten. Ist der christlich-jüdische Kontakt in Nahost schwieriger als zwischen Vatikan und jüdischen US-Organisationen?

Koch: Generell sind die Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem Judentum sehr gut. Das hängt auch damit zusammen, dass der Einheitsrat sich um die religiösen Beziehungen bemüht und an ihnen arbeitet. Im Nahen Osten kommt natürlich unweigerlich der Israel-Palästina-Konflikt hinzu. Das hat vielleicht etwas dazu beigetragen, dass man hier bislang weniger über die katholisch-jüdischen Beziehungen gesprochen hat. Bei der Synode wurde bislang mehr über die Herausforderung durch den Islam gesprochen als durch das Judentum. Möglicherweise liegt das daran, dass man mit dem Judentum theologisch gut vorankommt; vielleicht liegt es daran, dass man mit Rücksicht auf die politische Situation hier eher zurückhaltend ist.



KNA: Die Situationsschilderungen der Christen aus Nahost waren bislang eher düster. Erwarten Sie, dass die Synode zur Verbesserung der Situation beitragen kann?

Koch: Die Synode kann ganz sicher die Existenz der Christen im Nahen Osten ins allgemeine Bewusstsein zurückführen und mehr Solidarität der Weltkirche für diese Christen wecken. Denn wenn wir im Heiligen Land nur noch Steine und Gebäude, aber keine lebenden Christen hätten, dann ginge ein ganz großer Wert verloren. Darum muss es ein großes Anliegen für die ganze Kirche sein, dass Christen und Christinnen dort leben können. Das scheint mir ein zentraler Punkt dieser Synode zu sein. Die Christen der Region selber betrachten die Synode als eine Ermutigung. Das kommt in vielen Äußerungen zum Ausdruck, die dem Papst dankten, dass er diese Initiative ergriffen hat - weil sie zusammenführt und neue Perspektiven aufzeigt.



Das Interview führte Johannes Schidelko.