Halbzeit bei der Nahost-Synode im Vatikan

Orientalisch, offen - und kompliziert

Seit einer Woche tagt im Vatikan die Nahostsynode. Die Patriarchen, Bischöfe und Experten aus den Stammlanden des Christentum sollen und wollen die Vitalität ihrer vielseitig bedrängten Ortskirchen stärken, die Abwanderung stoppen und dazu die Solidarität der Weltkirche erbitten. Eine Gratwanderung.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Dabei soll sich der Kirchengipfel auf pastorale Mittel konzentrieren: Er soll das christliche Profil der Ortskirchen schärfen, die Zusammenarbeit unter den verschiedenen Riten verbessern, die Ökumene fördern und den interreligiösen Kontakt verbessern. Es gehe nicht um politische Konzepte, betonen die vatikanischen Planer - auch wenn die Lage der Christen in Nahost vom sozialen und kulturellen Umfeld mitbedingt sei.



Bei der Synode herrscht eine "orientalische Atmosphäre", sie ist "heiter, fröhlich und offen", sagte der melkitische Patriarch Gregoire III. Laham der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Drei Schwerpunkte haben sich in der ersten Beratungswoche herausgestellt. Zunächst die mitunter schwierige Situation der Christen in der Region, die vor allem im Heiligen Land, im Irak wie in der Türkei zu Abwanderungen führt. Als Ursache für den Aderlass nannten die Synodalen etwa den politischen Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern und die schwierige Wirtschaftlage. Manche Kirchenführer gaben freilich auch zu bedenken, dass Emigration ein Menschenrecht sei, gegen das man sich nicht stemmen sollte. Und ein Vertreter aus dem Libanon meinte, falls wirklich die Wirtschaftlage ausschlaggebend wäre, müssten die Gemeinden völlig entleert sein.



Die Situation der katholischen Ostkirchen

Zweites großes Thema der jeweils fünfminütigen Redebeiträge war die Situation der katholischen Ostkirchen und ihr Verhältnis zur lateinischen Kirche. Die orientalischen Patriarchen und Bischöfe baten den Vatikan und die westliche Welt um mehr Respekt für ihre Eigenständigkeit und ihre Traditionen. Etwas verbittert meinte ein Synodaler sogar, die Kirche des Westens sei für alle offen, sogar für Atheisten, "warum nicht auch für die Ostkirchen".



Unterschiedliche Positionen und Emotionen kamen in den Wortmeldungen zur Haltung gegenüber dem Islam hoch. Wie können die Christen ihren Glauben leben und verkünden, ohne dass sie von den Muslimen als Abwerbung missverstanden würde, lautete eine Frage. Irritationen löste dabei eine Äußerung aus, ob man Muslime "einfach lieben" oder mit ihnen diskutieren sollte. "Schluss mit der gebückten Haltung", rief ein Kirchenmann auf Arabisch, andere widersprachen. "Gott liebt auch die Muslime", die Masse von ihnen sei freundlich, auf sie müsse man zugehen, sagte ein anderer. Selten tauchte bislang in der Synode der Begriff der Gegenseitigkeit auf, der in der Diskussion um Moscheen in deutschen Städten oder um einen EU-Beitritt der Türkei zu den Standards gehört.



Nun die Lösungen oder Empfehlungen

Gespannt erwartet wurden bei der Synode die Reden der Gäste aus dem Islam und vom Judentum. Der libanesische Sunnit Mohammed Sammak wie auch der iranische Schiit Ajatollah Seyed Mustafa Mohaghegh Damad Ahmadabadi zeichneten ein Idealbild vom toleranten Islam. Sie betonten, wie unverzichtbar die Christen für die Gesellschaften und das Zusammenleben in Nahost seien und wie sehr sich moderate Muslime um deren Zukunft sorgten. Man dürfe weder den Islam noch das Christentum für illegitime Aktionen einzelner Gruppen verantwortlich machen. Im übrigen dürfe es laut Koran in Glaubensdingen keinen Zwang geben - auch nicht für einen Religionswechsel. Beide Redner erhielten freundlichen Applaus, wobei mancher Synodale die Realität offenbar bislang etwas anders erlebt hatte.



Auch die Ansprach von Rabbiner David Rosen fand breite Beachtung, erhielt aber weniger Applaus in der Aula. Unter Juden in Israel sei bis vor kurzem das Christentum wenig bekannt gewesen, sagte er. Das habe der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 etwas geändert. Aber auch auf katholischer Seite bestehe bis in den Klerus und die Hierarchie hinein manche Unkenntnis vom Judentum und von der neuen Haltung der nachkonziliaren Kirche gegenüber den "älteren Brüdern".



Nach der Auflistung der Fragen und Themen muss die Synode in der zweiten Arbeitswoche nun nach Lösungen oder Empfehlungen suchen, wie die Situation der Christen in ihren Stammländern verbessert werden kann.