Erzbischof Gössl hält ein AfD-Verbot für denkbar

"So einfach ist es aber nicht"

Soll die Kirche sich aus der Politik heraushalten? Der Bamberger Erzbischof widerspricht. Für Herwig Gössl gehört politisches Engagement zum Auftrag der Kirche dazu, auch wenn es um die Debatte über ein AfD-Verbot geht.

Demonstration gegen Rechtsextremismus und AfD (Archivbild) / © Carsten Koall (dpa)
Demonstration gegen Rechtsextremismus und AfD (Archivbild) / © Carsten Koall ( dpa )

Für den Bamberger Erzbischof Herwig Gössl ist ein AfD-Verbot grundsätzlich denkbar, aber nicht ausreichend. "Aus dem Bauch heraus würde ich sagen: Verbot - und dann haben wir mal wieder ein bisschen Ruhe", sagte er am Montagabend in Nürnberg. 

"So einfach ist es aber nicht, weil sich diese Unzufriedenheit dann neue Bahnen suchen wird." Extreme Gedanken verschwänden auch nach einem potenziellen Verbot nicht. Man müsse sich fragen, was Menschen dazu bringe, solch eine Partei zu wählen und andere Parteien abzustrafen.

Erzbischof Herwig Gössl / © Katharina Gebauer (KNA)
Erzbischof Herwig Gössl / © Katharina Gebauer ( KNA )

Der bisweilen genannten Forderung, die Kirche solle sich aus der Politik heraushalten, widersprach der Erzbischof. Die Kirche werde umso politischer, je mehr sie sich auf ihr Kerngeschäft besinne. Denn dieses sei, die Botschaft zu verkünden, dass Gott Mensch geworden sei und damit auch die Probleme und Sorgen der Menschen angenommen habe.

"Es geht nicht, ohne politisch zu sein." Gössl äußerte sich bei einer Podiumsdiskussion der Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in Deutschland.

Zuhören und Wertschätzung

Predigten seien allerdings nicht der richtige Ort, um Position zu Parteien oder einzelnen Personen zu beziehen, betonte der Erzbischof.

In einer Diskussionsrunde könne das anders aussehen. Wo unterschiedliche politische Ansichten aufeinanderträfen, müsse jeder im persönlichen Umgang mit den anderen austarieren, an welchen Stellen rote Linien überschritten würden. Aus Sicht der Kirche sei dort eine Grenze erreicht, wo die Würde des Menschen als Person und soziales Wesen verletzt werde. Gössl plädierte dafür, aneinander festzuhalten und einander herauszufordern.

Das gelte auch für innerkirchliche Diskussionen. Es gehe darum, mit Leuten zu sprechen und zu versuchen, ihre Positionen nachzuvollziehen, auch wenn man sie selbst nicht teile. Dadurch könne sich auch bei einem selbst etwas verändern, was Kompromisse ermögliche. Gössl warb für weniger Darstellungen von Extremen, da die Welt nicht nur schwarz und weiß sei. Der gesellschaftliche Diskurs neige dazu, in solche Extreme zu fallen. 

Dieses Auseinanderdriften sei die eigentliche Gefahr, da es zu großer Verunsicherung bei vielen Menschen führe. Einfache Antworten und Slogans verfingen dann eher als ausgewogenere und kompliziertere Gedankengänge.

Herwig Gössl

Herwig Gössl wurde in München geboren und wuchs in Nürnberg auf. Nach dem Abitur trat er ins Bamberger Priesterseminar ein und wurde nach Studien in Bamberg und Innsbruck im Jahr 1993 von Erzbischof Elmar Maria Kredel zum Priester geweiht. 

Nach vierjähriger Kaplanszeit in Bayreuth wurde er zunächst zum Pfarradministrator und schließlich zum Pfarrer der Pfarreien Hannberg und Weisendorf im Dekanat Erlangen ernannt. 2007 berief ihn Erzbischof Ludwig Schick zum Subregens im Bamberger Priesterseminar. 

Herwig Gössl / © Katharina Gebauer (KNA)
Herwig Gössl / © Katharina Gebauer ( KNA )
Quelle:
KNA