Erster Weltfahrradtag

Transportmittel, Sportgerät und mehr

Allein die Vereinten Nationen haben rund 130 Internationale Tage pro Jahr festgelegt. Neu im Programm ist ab diesen Sonntag ein Welttag für das Fahrrad. Klingt etwas abseitig - aber es wird Zeit, dass sich was dreht.

Autor/in:
Von Joachim Heinz
Grünes Licht an einer Fahrradampel / © Hauke-Christian Dittrich (dpa)
Grünes Licht an einer Fahrradampel / © Hauke-Christian Dittrich ( dpa )

Die Schauspieler Leonardo di Caprio und Hannes Jaenicke tun es, genauso wie Ex-SPD-Frontmann Rudolf Scharping und Grünen-"Rebell" Hans-Christian Ströbele oder Kabarettistin Gayle Tufts und Schriftsteller Wladimir Kaminer. Auch Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki oder Misereor-Chef Pirmin Spiegel schwingen sich regelmäßig aufs Rad. Sie und alle anderen Freunde des Zweirads können sich an diesem Sonntag auf den ersten Weltfahrradtag freuen.

Ausgerufen von den Vereinten Nationen soll der von nun an stets am 3.
Juni begangene Tag ein zuverlässiges und umweltfreundliches Transportmittel in den Mittelpunkt rücken, das mit dazu beitragen kann, die nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) der UN voranzubringen. Denn das Rad ist mehr als ein Sportgerät oder ein Vehikel für entspannte Urlaubsreisen auf idyllischen Nebenstraßen. "Es stärkt Bildung, sorgt für bessere Gesundheit und beugt Krankheiten vor. Es fördert Toleranz, gegenseitiges Verständnis und Respekt, unterstützt soziale Inklusion und eine Kultur des Friedens."

Fahrräder auch in Entwicklungsländer

Davon zumindest sind nicht nur die Vereinten Nationen, sondern auch die Initiatoren der 2005 gegründeten Organisation World Bicycle Relief überzeugt. Sie setzen sich dafür ein, die Einwohner in Entwicklungsländern mobil zu machen. Ein Fahrrad, so erläutert es Europa-Direktorin Kristina Jasiunaite erhöht die Transportkapazität eines Einzelnen um das fünffache und ermöglicht es in der gleichen Zeit, die vierfache Distanz zurückzulegen. Unterm Strich gebe also ein Zweirad den Menschen die Chance, "ihr Leben aus eigener Kraft zu verbessern".

Die Rechnung scheint aufzugehen. Das von der Organisation entwickelte "Buffalo Bike" rollt "stark wie ein Büffel" in Ländern wie Angola und Kolumbien, auf den Philippinen und in Simbabwe. Der Gepäckträger ist mit bis zu 100 Kilogramm belastbar, pannensichere Langzeitreifen und eine "extra starke Stahlkonstruktion" sollen den Drahtesel zu einem genügsamen und ausdauernden Begleiter machen. Rund 400.000 Fahrräder wurden bislang ausgeliefert, über 1.900 Mechaniker zusammen mit Partnerorganisationen ausgebildet, um vor Ort die Wartung zu übernehmen.

Eine Chance für Städter

Aber nicht nur in Entwicklungsländern kann das Fahrrad seine Trümpfe ausspielen. Auch in den Städten hierzulande lohnt sich ein Umsteigen von vier auf zwei Räder. Wer schon einmal an Blechlawinen im Berufsverkehr vorbeigerollt ist, wird das sicher unterschreiben. Nach Ansicht des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) ist zwischen Flensburg und Passau allerdings noch Luft nach oben. "Wir sind weit davon entfernt, ein fahrradfreundliches Land zu sein", meint der Bundesvorsitzende Ulrich Syberg.

Deutschland habe einen Radanteil von etwa 11 Prozent am Gesamtverkehr, die Niederlande mit 27 Prozent mehr als das Doppelte, rechnet Syberg vor. Zugleich seien 50 Prozent der Autofahrten kürzer als 5 Kilometer, 25 Prozent sogar kürzer als 2 Kilometer. Der ADFC schätzt, dass jede dritte Autofahrt "ohne Komfort-Einbußen" durch eine Fahrt auf dem Rad ersetzbar ist. Mit der weltweit größten Fahrrad-Sternfahrt will der Verband am Sonntag in Berlin ein Zeichen für die umweltfreundliche Form der Fortbewegung setzen.

Rennmaschinen im Gotteshaus

Fast schon eine Wallfahrt - für die es übrigens auch ein echtes Ziel
gäbe: die Kapelle der Madonna del Ghisallo nahe des Comer Sees. In dem Gotteshaus am Colle del Ghisallo hängen alte Rennmaschinen von Radsportlegenden wie Gino Bartali und Fausto Coppi. Der kleine Andachtsraum ist vollgestopft mit weiteren Souvenirs. Die Seite quaeldich.de, das Referenzportal für Bergfahrer, spricht trotz der "eher bescheidenen Höhe" von 760 Metern von einer kräftezehrenden Herausforderung, vor allem mit Blick auf die "strenge Nordauffahrt".

Die weniger ambitionierten Radler mögen es stattdessen mit den "Prinzen" halten. Die sangen einst: "Jeder Spinner fährt 'nen Manta, jeder Dödel Jaguar, nur Genießer fahren Fahrrad und sind immer schneller da!"


Quelle:
KNA