Erster virtueller Kirchentag

Internetz verbindet Christen weltweit

Eine Premiere im Zeichen des 21. Jahrhunderts: Am Samstag startet der erste virtuelle Kirchentag. Mitmachen kann jeder, der Internet hat. Die Idee stammt aus Bayern, unter anderem vom evangelischen Pfarrer Roger Schmidt.

Der erste weltweite Kirchentag, der im Internet stattfindet / © Meier/Sendker (DR)
Der erste weltweite Kirchentag, der im Internet stattfindet / © Meier/Sendker ( DR )

domradio.de: Ein virtueller Kirchentag - wie kann man sich den vorstellen?

Roger Schmidt (Pfarrer und Mitorganisator des Virtuellen Kirchentags): Also die Idee ist, dass wir als Christen auf der ganzen Welt zusammengehören und das auch mal erleben können, ohne dafür auf teure Reisen gehen zu müssen. Deswegen nutzen wir das Internet in der kreativen Weise, um gemeinsam einen Kirchentag zu feiern. Dazu gehören Gottesdienste, Gespräche, Präsentationen, Begegnungen. Das alles bilden wir auf einer Website ab, die in drei Sprachen funktioniert: Deutsch, Englisch und Portugiesisch.

domradio.de: Und wie funktioniert das technisch?

Schmidt: Sie können sich Videos von den Rednern und den Chören, die mitsingen, im Internet ansehen. Die Videos sind jeweils untertitelt, das heißt, auch wenn jemand zum Beispiel Ungarisch spricht, kann er das auf Deutsch mitlesen und auf diese Weise die unterschiedlichen Inhalte aufnehmen und direkt darauf reagieren.

domradio.de: Sie sagten, es gibt auch einen Gottesdienst, den man mit anderen Menschen gemeinsam über das Internet feiern kann. Wie funktioniert das?

Schmidt: Auch da wird man ein Video mit Musik und Gebeten sehen. Alle sind eingeladen, ihre Gebete auf einer Gebetsmauer im Internet mit einzutragen und man hört auch eine Predigt - zum Beispiel vom lutherischen Bischof in Liberia oder in Malaysia.

domradio.de: Man guckt sich das also an, wann es einem passt oder gibt es einen festen Zeitpunkt, an dem alle das Video gleichzeitig schauen?

Schmidt: Das Video wird erst ab einer bestimmten Zeit bereitgestellt. Es hat zum Beispiel heute um 10 Uhr ein Eröffnungsgottesdienst stattgefunden und erst ab dann konnte man das Video ansehen. Es haben sich viele Gemeinden in Bayern aber auch in anderen Ländern zusammen getan, und erleben den Tag gemeinsam. Also es geht nicht darum, dass jeder nur allein vor seinem Gerät sitzt, sondern das ganze Gruppen zusammenkommen und da den Gottesdienst gemeinsam erleben.

 

domradio.de: Und damit wollen Sie Christen auf der ganzen Welt erreichen?

Schmidt: So ist es! Der Kirchentag ist auch von Christen aus der ganzen Welt vorbereitet, das war jetzt keineswegs allein meine Idee, sondern wir hatten eine Vorbereitungsgruppe mit Menschen aus Malaysia, aus Liberia, aus Tansania, Papua Neuguinea, Ungarn, Brasilien und aus Deutschland. Da haben wir das alles gemeinsam vorbereitet, Inhalte geklärt, dafür gesorgt, dass wir Beitragende aus all diesen Ländern haben und auch Gruppen, die diesen Tag hier gemeinsam erleben.

domradio.de: Jetzt geht es aber nicht nur darum, dass so ein Kirchentag was Ungewöhnliches ist. Sie haben auch eine Idee dahinter, Sie wollen damit etwas erreichen und auf das Reformationsjubiläum im nächsten Jahr vorbereiten, richtig?

Schmidt: Genau. Es ist zu kurz gegriffen, wenn wir einfach nur in Deutschland, in unserem Gemeindebereich, über Reformation nachdenken. Wir müssen voneinander lernen, von Christen auf der ganzen Welt. Das wollen wir ganz intensiv an diesem Tag machen. Wir gucken uns dann ein paar Grundthemen der Reformation an, nämlich: Was heißt eigentlich Gerechtigkeit? Was heißt Glaube? Wie soll ich in der Welt leben? Wie kann ich Gottes Liebe hier erfahren und für andere erfahrbar machen?

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR