Erste Erfassungen für den Zensus laufen an

Muslime, melden bitte!

Post vom Statistischen Landesamt - rund 17 Millionen Bundesbürger werden sie in den kommenden Tagen und Wochen in ihren Briefkästen finden. Die Schreiben sind die ersten Vorboten der Volkszählung, die am 9. Mai 2011 stattfinden soll. Abgefragt wird dann auch das Bekenntnis zu einer Glaubensrichtung.

Autor/in:
Karin Wollschläger
 (DR)

Die Landesämter schreiben dafür zunächst den Großteil der "Wohnraumbesitzer" an und erkundigen sich, ob die Eigenheime und Immobilien bis zum Stichtag im Mai voraussichtlich ihren Besitzer behalten. Denn im Rahmen der Volkszählung erstellen die Statistiker auch erstmals ein flächendeckendes Register für Gebäude mit Wohnraum.



Anlass für die kommende Volkszählung, die offiziell nur Zensus heißt, ist eine EU-Verordnung, die Volks- und Wohnungszählungen in zehnjährigen Abständen vorschreibt. Deutschland war damit mehr als fällig: Zuletzt hatte die "Inventur" im Westen, von Protesten begleitet, 1987 und im Osten 1981 stattgefunden. Damals musste noch jeder Bürger einzeln bei der Zählung Auskunft geben. Das ist nun nicht mehr so: Nur noch zehn Prozent der Bevölkerung werden direkt befragt, die restlichen Angaben ziehen die Statistikämter aus Melde- und Erwerbsregistern. "Mit dieser neuen Methode ist das ganze Verfahren genauer, weniger belastend für die Bevölkerung und kostengünstiger", sagt der Leiter der Zensuskommission, Gert Wagner. So belaufen sich Kosten "nur noch" auf etwa 710 Millionen Euro.



Mit der "Volkszählung" der biblischen Weihnachtsgeschichte hat der heutige Zensus freilich nichts gemein. "Kaiser Augustus hat damals die Zählung angeordnet, um eine umfassende Adresskartei zum Steuereintreiben aufzubauen", erklärt Wagner. Beim Zensus hingegen werde eine "absolut anonyme" Statistik zu Größe und Struktur der Bevölkerung erstellt. Mantra-artig wiederholt Wagner, dass bei der Erhebung der Datenschutz oberste Priorität habe. "Es fließen keine Daten an die Behörden, wie etwa Finanzamt oder Polizei, zurück und es wird auch nichts dauerhaft gespeichert." Zudem gebe es eine strenge Kontrolle durch den Bundesdatenschutzbeauftragten.



Das Merkmal Religionszughörigkeit

Wie schon bei der Volkszählung 1987 fragt die Bundesregierung auch das Merkmal Religionszughörigkeit ab. Die EU, die verschiedene Fragen für den Zensus vorgibt, gibt diesen Aspekt nicht verbindlich vor. Auch der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte das Merkmal Religion im Gesetzentwurf der Bundesregierung zunächst nicht berücksichtigt. Auf Drängen der großen Kirchen wurde es aber schließlich doch noch aufgenommen.



Zusätzlich fragen die Statistiker nach dem Bekenntnis zu einer Glaubensrichtung. Die Angabe, zu welcher Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung sich der Befragte bekennt, ist allerdings als einzige in dem Fragebogen freiwillig. Die Ankreuzmöglichkeiten lauten: Christentum, Judentum, Islam (unterschieden nach sunnitisch, schiitisch und alevitisch), Buddhismus, Hinduismus, Sonstige sowie "Keiner Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung".



Das Bundesamt - und die Politik - erhoffen sich durch die Frage nach dem religiösen Bekenntnis konkretere Angaben zur Zahl der Muslime in Deutschland. Da der Islam - anders als die rechtlich verfassten Kirchen und Religionsgemeinschaften - keine offizielle Mitgliedschaft kennt, wurde er bislang nicht statistisch erfasst. Entsprechend taucht er auch bei der anstehenden Volkszählung nicht als eigenständiger Punkt unter der Frage "Welcher Religionsgesellschaft gehören Sie an" auf. Muslime müssen hier ankreuzen: "keiner öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft".



Inwieweit die Volkszählung aber tatsächlich verlässliche Angaben zur Zahl der Muslime in Deutschland bringen wird, bleibt fraglich. Zum einen wegen der Freiwilligkeit der Angabe, zum anderen, da eine "Richtigkeit" der Aussage des Befragten nicht überprüft werden kann und somit eine gewisse Fehlerquote unausweichlich ist.