Ernste Themen beim Kirchentag - Besucher trotzen nasskaltem Wetter

Wirtschaftskrise, Bildung und Umwelt

Debatten über Wirtschaftskrise, Umwelt und Bildung haben am Donnerstag den 2. Ökumenischen Kirchentag in München geprägt. Daran beteiligten sich zahlreiche Bundespolitiker. Katholiken, Protestanten und Orthodoxe feierten gemeinsam Christi Himmelfahrt.

 (DR)

Trotz Nieselregen versammelten sich etwa 11.000 Menschen auf dem Münchner Odeonsplatz, um in einer ökumenischen Feier gemeinsam den Himmelfahrtstag zu begehen. Dabei kündigte die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland einen jährlichen bundesweiten Tag der Schöpfung an. Dieser soll in der Regel am ersten Freitag im September gefeiert werden.

Das fünftägige Treffen von Protestanten und Katholiken war am Mittwochabend eröffnet worden. Rund 125.000 Dauerteilnehmer haben sich zu dem Kirchentag mit mehr als 3.000 Veranstaltungen angemeldet.Trotz nasskaltem Wetter äußerten sich die Veranstalter mit dem Besuch der Veranstaltungen zufrieden.

Die beiden großen Kirchen dringen darauf, Auswüchse des
Wirtschafts- und Finanzsystems zu korrigieren. «Wir brauchen ein neues Sozialwort, das auch die Probleme des Südens einbezieht», sagte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Zur «Zähmung des Bankenwesens» müsse eine Finanztransaktionssteuer kommen, forderte Schick, der Vorsitzender der Kommission Weltkirche der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ist.

Auch der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, bekräftigte auf dem Kirchentag die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer. Diese könnte zur Finanzierung des notwendigen sozial-ökologischen Umbaus beitragen, so der Oppositionspolitiker. Der ehemalige Außenminister und Vizekanzler trat für ein Wirtschaftsmodell mit «starken ökologischen und sozialen Regeln» ein.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) und die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth riefen dazu auf, in der derzeitigen Krise nicht bei den Bemühungen um mehr Bildungsgerechtigkeit nachzulassen. Gerade wegen der Wirtschaftskrise müsse der Staat in den nächsten Jahren zuallererst in Bildung investieren, sagte Schavan bei einer Podiumsdiskussion. Deutschland könne es sich nicht leisten, an seinen Kindern und damit an seiner Zukunft zu sparen, sagte Roth.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte die Kirchen auf, mehr auf die Muslime zuzugehen. Er bedauere, dass der Staat mit der Islamkonferenz, deren Vollversammlung sich am Montag in neuer Zusammensetzung konstituiert, vorangehen müsse und die Kirchen nicht die Initiative ergriffen hätten, sagte der CDU-Politiker, der auch dem Präsidium des evangelischen Kirchentages angehört.

Die frühere hannoversche Landesbischöfin Käßmann forderte ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten. Zusammen mit ihrem Nachfolger, dem amtierenden EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider, regte sie zudem einen dritten Ökumenischen Kirchentag zum 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017 an. Die Reformation sei ursprünglich auf die ganze Kirche hin ausgerichtet gewesen, sagte Schneider. Auch Käßmann kann sich 2017 als gemeinsames Jubiläum vorstellen. Die Reformation sei Teil einer gemeinsamen Kirchengeschichte, auch wenn diese zur Trennung geführt habe.

Auch die in den vergangenen Monaten bekannt gewordenen Missbrauchsfälle beschäftigten den Kirchentag. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles erwartet nach den Skandalen eine neue grundsätzliche und offene Diskussion in der katholischen Kirche. Nach ihren Erfahrungen sei in den Gemeinden in den «letzten zehn Jahren» nicht mehr über Fragen wie Sexualität oder Zölibat gesprochen worden, kritisierte die Katholikin.