Ermordeter Erzbischof Oscar Romero soll heiliggesprochen

Märtyrer am Altar

werden.
Er ist eine Ikone der Befreiungstheologen, ein Sinnbild der Unterdrückung in Lateinamerika. Die Botschaft Oscar Romeros, der 1980 ermordet wurde, lebt im Gedächtnis der Armen weiter. Nun soll er heiliggesprochen werden.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel und Alexander Brüggemann
Menschenmenge auf dem Petersplatz (KNA)
Menschenmenge auf dem Petersplatz / ( KNA )

Oscar Romero (1917-1980), der "Bischof der Armen" von El Salvador, ist zwar seit 37 Jahren tot – doch seine Botschaft ist in Lateinamerika und darüber hinaus lebendig. In seiner Heimat wird er schon seit langem als Heiliger verehrt. Nun soll er auch offiziell heiliggesprochen werden. Wie die italienische katholische Tageszeitung "Avvenire" (Mittwoch) berichtet, erkannte Papst Franziskus am Dienstag ein Wunder auf Fürsprache Romeros an.

Eine Frau mit einer nicht näher bezeichneten lebensbedrohlichen Erkrankung sei "auf wundersame Weise" geheilt worden.

Ein Leben in Gefahr

Oscar Romero starb am 24. März 1980, erschossen am Altar auf Befehl der politisch Mächtigen. Seine Ermordung war ein Fanal im heraufziehenden Bürgerkrieg zwischen Sicherheitskräften, rechten Todesschwadronen und linken Guerillagruppen. Bis 1992 kamen rund 75.000 Menschen ums Leben.

Romero wusste um die Gefahr, denn er predigte noch unmittelbar vor seinem Tod: "Wer sich davor hütet, die Gefahren des Lebens auf sich zu nehmen, so wie es die Geschichte von uns verlangt, der wird sein Leben verlieren. Wer sich hingegen aus Liebe zu Christus in den Dienst der anderen stellt, der wird wie das Samenkorn, das stirbt, aber in Wirklichkeit lebt."

Es dauerte 17 Jahre bis zur Seligsprechung

Hunderttausende Pilger sowie Staatsspitzen aus ganz Lateinamerika kamen im Mai 2015 zu seiner Seligsprechung in San Salvador. Doch warum hat sich der Prozess so lange hingezogen? Zehn Jahre gingen ins Land, bis er in San Salvador auf lokaler Ebene eröffnet wurde. 1997 kam er dann in Rom bei der zuständigen Heiligsprechungskongregation an. Doch erst nach 17 Jahren Wartezeit, in der Hunderte Zeugen gehört, zahlreiche Predigten Romeros rekonstruiert und Aktenberge gesichtet wurden, war es 2015 soweit.

Der Steyler Missionar Christian Tauchner arbeitete über zwei Jahrzehnte in Lateinamerika. Er sieht einen Grund für die Verzögerung in den parteipolitischen Nachwehen der damaligen Zeit. Andererseits sei in San Salvador der Prozess vom zweiten Nachfolger Romeros, Erzbischof Fernando Saenz Lacalle (85) vom Opus Dei, gebremst worden.

Durch ihn sei es zu der "absurden Situation" gekommen, so Tauchner, dass in der Kathedrale "der Bischof eine trockene, formell richtige Liturgie feierte, ohne von Romero zu reden oder sich auf sein geistliches Erbe zu beziehen"; und in der Unterkirche der Kathedrale hätten die Basisgemeinden jeden Sonntag am Grab Romeros gefeiert: "in Wirklichkeit zwei Kirchen mit gegensätzlichen Ausrichtungen". 

Inwiefern ähneln sich der Papst und Romero?

Derzeit allerdings weht der Wind in der Kirche franziskanisch-romerianisch. Der langjährige Weihbischof in San Salvador, Gregorio Rosa Chavez (75), der seit 1982 unter drei Erzbischöfen diente, macht viele Ähnlichkeiten zwischen Romero und Papst Franziskus aus. "Romero ist die Ikone des Hirten, wie Papst Franziskus sie im Sinn hat", sagt er. "Die Ikone der Kirche, wie Franziskus sie sich vorstellt: eine arme Kirche für die Armen." Wie Papst Franziskus verkünde Romero das Evangelium zuerst durch sein Zeugnis, dann durch seinen Lebensstil "und erst an dritter Stelle durch sein Wort".

Franziskus wiederum schätzt den romero-affinen Weihbischof so sehr, dass er ihn in den Kardinalsstand erhob – auch das eine sehr ungewöhnliche Konstellation. Ein genauerer Blick auf die Vorgeschichte zeigt freilich, dass die Papstwahl von 2013 vermutlich nicht der allein entscheidende Punkt für das nun leuchtende Grüne Licht war. Schon Benedikt XVI. (2005-2013) hatte 2007 während seiner Brasilien-Reise erklärt, dass Romero aus seiner Sicht die Seligsprechung verdiene.

Doch das von Fachleuten im Vatikan über viele Jahre immer wieder kolportierte Argument, man könne leider nicht sicher sagen, ob der Mörder und seine Hintermänner Romero aus "Hass gegen den Glauben" oder doch eher wegen seiner politischen Parteinahmen gegen die Regierung töteten, war nicht leicht auszuräumen.

Datum der Heiligsprechung ist noch unbekannt

Nun scheint es jedoch soweit zu sein. Zwar stehe der Termin der Heiligsprechung bislang noch nicht fest. Papst Franziskus werde ihn jedoch voraussichtlich auf einer Kardinalsversammlung, die für die erste Maihälfte erwartet wird, bekanntgeben, berichtet "Avvenire".

Die Zeit zur Neubesinnung auf das Erbe von Oscar Romero ist günstig, ohne dass die Wunden zwischen den einst verfeindeten Lagern wieder aufgerissen werden müssen. Die einstige Guerilla-Bewegung FMLN ist heute eine etablierte politische Partei, und die mutmaßlichen militärischen und politischen Hintermänner der Ermordung sind tot oder im hohen Greisenalter.

Zwei Heiligsprechungen – eine Feier?

Auch für Paul VI. (1963-1978) hatte Papst Franziskus eine entsprechende Gebetserhörung anerkannt. Das hatte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bereits am Dienstag angekündigt. Paul VI. soll laut Vatikanvertretern zum Abschluss der Bischofssynode im Oktober in Rom heiliggesprochen werden. Auf Fürsprache Pauls VI. sei eine Schwangerschaft, bei der das Leben von Mutter und Kind auf dem Spiel stand, auf medizinisch unerklärliche Weise glücklich verlaufen. 

Denkbar ist eine gemeinsame Feier für ihn und Romero; möglich ist aber auch, dass der Märtyrerbischof aus Mittelamerika beim Weltjugendtag im Januar 2019 in Panama heiliggesprochen wird. 

 

Seligsprechung Oscar Romeros (dpa)
Seligsprechung Oscar Romeros / ( dpa )
Quelle:
KNA