Erdbebenopfer hoffen auf weltweite Aufmerksamkeit

G-8-Gipfel vor Trümmerkulisse

Eigentlich sollte der G-8-Gipfel in dieser Woche in Sardinien stattfinden. Doch nach dem verheerenden Erdbeben im April hat sich die italienische Regierung für die Abruzzen entschieden. Die Katastrophe ist hier noch immer präsent. Eine Marienstatue symbolisiert den Willen zum Wiederaufbau.

L'Aquila: Kulisse für den Erdbebenspaziergang von Obama und Co (epd)
L'Aquila: Kulisse für den Erdbebenspaziergang von Obama und Co / ( epd )

Wie durch ein Wunder hat die Marienstatue der Kirche von Onna das verheerende Erdbeben mittlerer Stärke vom 6. April überstanden, das das Abruzzendorf zu 90 Prozent zerstörte. Nachdem die italienische Regierung den auf Sardinien geplanten G-8-Gipfel in die Erdbebenregion verlegte, soll die Madonna von Onna in der nächsten Woche über die Gespräche von Staats- und Regierungschefs aus aller Welt über Klimawandel und Entwicklungspolitik wachen. Für die von der Naturkatastrophe betroffene Bevölkerung symbolisiert die Statue den Willen zum Wiederaufbau.

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi möchte Gipfelteilnehmern wie Barack Obama und Angela Merkel bei dem am nächsten Mittwoch beginnenden Treffen die zerstörte Häuserlandschaft zeigen. Die Trümmer von Onna werden bis zum Ende des Gipfels am Freitag, der im benachbarten L'Aquila tagt, nicht abgetragen, damit sie Kulisse für den Erdbebenspaziergang bilden.

Das Zentrum der Provinzhauptstadt L'Aquila oberhalb von Onna ist auch knapp drei Monate nach dem Erdbeben großenteils abgesperrt. Das Gipfeltreffen wird in der Schule der Finanzpolizei am Stadtrand stattfinden. Die Hauptstraße, die zum Domplatz führt, wurde vor dem Treffen wieder geöffnet. Bewohner und in Scharen angereiste Katastrophentouristen gehen ebenso wie Journalisten aus aller Welt durch einen von hohen Absperrungen gesäumten Korridor zum Hauptplatz.

"Lasst uns wieder öffnen"
Dort beobachten zwei Studentinnen den Riesenkran, von dem aus die eingestürzte Kuppel des Doms instandgesetzt wird. Die Universität bildete mit ihren 30.000 Studenten einen wichtigen Motor der örtlichen Wirtschaft. Nach dem Beben organisierte die Hochschule Vorlesungen, Seminare und Prüfungen in Zelten.

Die beiden Studentinnen aus der römischen Provinz können sich eine Rückkehr zum normalen Hochschulbetrieb beim Anblick der Ruinen und umliegenden Läden mit Schildern im Schaufenster mit der Aufschrift "Lasst uns wieder öffnen" kaum vorstellen. Der geplante Gipfel könne internationale Hilfen für den Wiederaufbau der Region mobilisieren, glauben die jungen Frauen. Die Themen des Treffens von Staats- und Regierungschefs interessieren sie so wenig wie die übrigen Bewohner der Region.

Sie blicken in abgesperrte Seitenstraßen von L'Aquila, wo noch Schutt am Straßenrand liegt. Am frisch restaurierten Barockpalazzo der Regionalregierung an der Piazza S. Giusta weht eine Gardine, die sich durch das offene Fenster hängend am äußeren Gesims verhakt hat.
Bis die Altstadt mit ihren historischen Palästen wieder aufgebaut wird, dauert es nach offiziellen Angaben 15 Jahre.

Die Weltöffentlichkeit für die Not der Menschen sensibilisieren
"Wir hoffen, dass der G-8-Gipfel die Weltöffentlichkeit für die Not der Menschen hier sensibilisiert", sagt der ehemalige Chef des Zeltlagers vor der ebenfalls stark beschädigten Basilika Santa Maria di Collemaggio unterhalb der Altstadt von L'Aquila, Riccardo Montinaro. Trotz umfangreicher Berichterstattung in den Medien weltweit habe die Öffentlichkeit keine Vorstellung vom Ausmaß der Katastrophe.

Die italienische Regierung zahlte nach Angaben des Chefs des Katastrophenschutzes, Guido Bertolaso, 50 Millionen Euro für die Vorbereitungen des G-8-Gipfels in L'Aquila. Sämtliche Ausgaben kämen der betroffenen Bevölkerung zugute, betont der bereits als kommissarischer Verantwortlicher für die Lösung die Müllkrise von Neapel krisenerprobte Bertolaso. Jedes Möbelstück, das in der Schule der Finanzpolizei für die Ausstattung der Unterkünfte der Delegationen angeschafft worden sei, werde im September für die ersten Fertighäuser für Erdbebenopfer wiederverwendet.