Emder Tafel ist dank vieler Spenden gut aufgestellt

"Wir sehen sehr positiv in die Zukunft"

Viele Unterstützer, viele Spenden, volle Lager: Die Tafel in Emden muss aktuell keine Bedürftigen abweisen. Auch eine Warteliste gibt es nicht. Trotzdem sorgt sich die Geschäftsführerin über die zunehmende Armut der Menschen.

Autor/in:
Carsten Döpp
Symbolbild Lebensmittelausgabe der Tafel an Bedürftige / © Corinne Simon (KNA)
Symbolbild Lebensmittelausgabe der Tafel an Bedürftige / © Corinne Simon ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Caritas betreibt die Tafel in Emden. Wie steht es um die Einrichtung? 

Susanne Rötgert (Geschäftsführerin der Caritas Ostfriesland): Wir sind in diesem Jahr sehr gut aufgestellt. Wir haben im Dezember eine große Lebensmittelaktion gemacht, wo wir 3,7 Tonnen Lebensmittel sammeln konnten. Der "multi"-Konzern hat uns diese Zahl noch einmal verdoppelt. Wir sehen aktuell sehr positiv in die Zukunft, aber natürlich auch mit Sorge, weil immer mehr Menschen dieses Angebot in Anspruch nehmen müssen. 

Susanne Rötgert

"Das ist nicht mehr nur eine Lebensmittelrettung, wie die Tafeln sie am Anfang machen wollten, sondern es ist mittlerweile eine Unterstützung, auf die die Menschen angewiesen sind."

DOMRADIO.DE: Mit welchen Problemen haben auch Sie zu kämpfen? 

Rötgert: Wir stehen, wie alle Tafeln, vor großen Herausforderungen. Es brauchen immer mehr Menschen die Hilfe. Das ist nicht mehr nur eine Lebensmittelrettung, wie die Tafeln sie am Anfang machen wollten, sondern es ist mittlerweile eine Unterstützung, auf die die Menschen angewiesen sind. Die Supermärkte planen ihre Lebensmittelausgaben viel besser, was im Prinzip gut ist, weil es um Lebensmittelrettung geht, aber es bleiben immer weniger Lebensmittel für die Tafeln übrig. 

Die steigenden Betriebskosten für Lagerung und Transport sind für uns eine große Herausforderung. Weil immer mehr Menschen in Armut rutschen, müssen wir teilweise mit Wartelisten arbeiten. Im Moment aber Gott sei Dank nicht. 

Lebensmittelausgabe bei der Tafel e.V. / © Uli Deck (dpa)
Lebensmittelausgabe bei der Tafel e.V. / © Uli Deck ( dpa )

DOMRADIO.DE: Zu dieser großen und traditionellen Sonderaktion vor Weihnachten kommen Menschen, die ganz bewusst etwas Gutes tun wollen, oder? 

Rötgert: Die Kunden signalisieren uns immer wieder, dass sie von der Aktion gehört haben und dass sie extra für diesen Tag zu multi kommen, um da einkaufen. Teilweise bringen die Leute uns ein, zwei Teile mit. Aber wir haben auch Kunden, die nur diesen Einkauf für uns machen, dann ihren gesamten Einkaufswagen bei uns abstellen, sodass wir die Lebensmittel wegsortieren können. Das ist eine ganz tolle Akzeptanz in der Bevölkerung. Der "multi"-Konzern macht für uns viel Werbung.

Susanne Rötgert

"Wir brauchen niemanden zurückweisen."

DOMRADIO.DE: Wie konkret werden die Bedürftigen von dieser Aktion profitieren? 

Rötgert: Wir haben diese Aktion gestartet, um vor allen Dingen unsere Lager aufzufüllen, damit wir bei Engpässe mit frischen Lieferungen aus Reserven schöpfen können, zum Beispiel mit Dosengemüse oder Dosenobst. Außerdem haben wir immer mal wieder Frauen aus den Frauenhäusern oder aus der Wohnungslosenhilfe, die kurzfristig kommen. Das heißt, es gibt zwischendurch Bedürftige, die ohne Wartelisten schnell an Lebensmittel kommen müssen. Dann können wir von diesen Lagerlieferungen Spenden nehmen. Das ist wirklich eine tolle Sache. 

DOMRADIO.DE: Was bedeuten diese Spenden für die Arbeit der Emder Tafel im weiteren Verlauf des Jahres? 

Rötgert: Wir haben eine Planungssicherheit auch für Menschen, die zwischendurch kommen. Wir brauchen niemanden zurückweisen. Wir können Menschen auch in Krisensituationen helfen. Beim Thema Ukrainehilfe vor ein paar Jahren wussten wir gar nicht, wie viele Menschen überhaupt zu uns nach Emden kommen. 

Susanne Rötgert

"Wir haben ein ganz tolles Unterstützungsnetzwerk in Emden."

DOMRADIO.DE: Die Tafel versorgt derzeit in Emden etwa 1.500 bedürftige Menschen. Wie kann man Ihre Arbeit noch am besten unterstützen? 

Rötgert: Wir haben ein ganz tolles Unterstützungsnetzwerk in Emden. Wir haben etwa 45 Menschen, die bei der Tafel helfen. Das ist eine enorme Unterstützung und Hilfe. Wir haben aber auch Unterstützungspartner wie die Hotelkette Upstalsboom, wie den Logistikkonzern Amazon oder auch die VW-Auszubildenden, die in regelmäßigen Abständen kommen und uns das Lager aufräumen, umräumen und uns in der Logistik unterstützen.

Aber wir haben auch laufende Kosten wie Sachkosten, wenn beispielsweise die Heckklappe des Autos kaputt ist und repariert werden muss. Wir sind auf Geldspenden angewiesen, um diese Sachkosten zu decken. 

Das Interview führte Carsten Döpp.

Tafeln in Deutschland

Die bundesweit agierenden Tafeln haben sich in den vergangenen 20 Jahren zu einer der größten sozialen Bewegungen in Deutschland entwickelt. Waren es 2002 noch gut 300, gibt es heute bundesweit etwa 900 Tafeln mit rund 2.100 Tafel-Läden und Ausgabestellen. Bei ihnen engagieren sich circa 60.000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Alle zusammen versorgen sie mehr als 1,5 Millionen Menschen mit Lebensmitteln, die sie als Spenden im Handel und bei Herstellern gesammelt haben.

Helfer sortieren  Salat bei der Lebensmittelausgabe in der Kirche Sankt Karl Borromäus in Köln / © Harald Oppitz (KNA)
Helfer sortieren Salat bei der Lebensmittelausgabe in der Kirche Sankt Karl Borromäus in Köln / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR

Die domradio- und Medienstiftung

Unterstützen Sie lebendigen katholischen Journalismus!

Mit Ihrer Spende können wir christlichen Werten eine Stimme geben, damit sie auch in einer säkulareren Gesellschaft gehört werden können. Neben journalistischen Projekten fördern wir Gottesdienstübertragungen und bauen über unsere Kanäle eine christliche Community auf. Unterstützen Sie DOMRADIO.DE und helfen Sie uns, hochwertigen und lebendigen katholischen Journalismus für alle zugänglich zu machen!

Hier geht es zur Stiftung!