Elf Kopten sterben bei Massaker in Ägypten - Minderheit fürchtet mehr Gewalt

Gewalt gegen Christen

In Ägypten sind erneut koptisch-orthodoxe Christen Opfer islamistischer Gewalt geworden: Insgesamt elf Menschen starben bei einem Massaker 200 Kilometer südlich der Hauptstadt Kairo. Das Verbrechen fand bereits Ende vergangener Woche statt, doch erst jetzt machten es die ägyptischen Behörden öffentlich.

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Zwei koptische Familien sind mit Hilfe muslimischer Nachbarn von Anhängern radikal-islamischer Gruppen in einem 200 Kilometer südlich der Hauptstadt Kairo gelegenen Dorf ermordet worden, teilte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Freitag (04.02.2011) mit. "Das Massaker ereignete sich bereits am 30. Januar 2011. Insgesamt elf Menschen starben, darunter ein dreijähriges Mädchen. Doch aufgrund der Informationssperren der ägyptischen Behörden konnten wir erst gestern Abend über das Verbrechen informiert werden", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Auch aus anderen Landesteilen werden Übergriffe auf Geschäfte von Kopten gemeldet. Angehörige der Minderheit berichteten, im Zuge der in mehreren ägyptischen Städten eskalierenden Gewalt werden besonders Geschäfte von Kopten geplündert.



Die Morde ereigneten sich am Sonntagnachmittag in dem südlich der 75.000 Einwohner zählenden Stadt Maghaga (Provinz Minya) gelegenen Dorf Sharuna in der Nähe des Nils. Angesichts der unsicheren Lage hatten sich zwei koptische Familien in ihren Häusern eingeschlossen. Namentlich bekannte Anhänger radikal-islamischer Gruppen drangen mit Hilfe von muslimischen Nachbarn dennoch in die Häuser ein. Weitere vier Kopten überlebten mit Schussverletzungen. Beide Häuser wurden von den Angreifern anschließend geplündert.



Die GfbV appellierte dringend an die ägyptische Regierung, den Schutz der Kopten zu gewährleisten und die Mörder zu bestrafen. Die mehr als 8.500 Mitglieder ihres E-Mail-Aktionsnetzwerkes rief die GfbV dazu auf, von der ägyptischen Botschaft in Berlin ein sofortiges Ende der Gewalt gegen Kopten zu fordern. "Präsident Hosni Mubarak treibt ein unwürdiges und gefährliches Spiel, wenn er die Gewalt gegen die christliche Minderheit eskalieren lässt, um sich dann als Retter vor dem wachsenden Einfluss der Muslimbrüder zu präsentieren." Mubarak hatte am Donnerstagabend erklärt, nur sein Regime könne Chaos und Anarchie in Ägypten verhindern.



Erzbischof Thissen prangert Christenverfolgung an

Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen hatte noch am Donnerstag die Verfolgung von Christen im Nahen Osten angeprangert. "Die furchtbaren Anschläge von Bagdad und Alexandria haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Vor allem, weil ich weiß, dass diese Anschläge keine Einzelereignisse waren", sagte Thissen am Donnerstag in Hamburg. "Im Zugehen auf die Seligsprechung der Lübecker Märtyrer am 25. Juni machen uns die jüngsten Ereignisse sehr deutlich, dass das Martyrium und das Leiden für Christus bis in unsere Tage Wirklichkeit sind." Umso wichtiger sei das gemeinsame Zeugnis der Christen, so der Erzbischof.



Bei einem Selbstmordanschlag nach einer Messe in Alexandria waren Anfang des Jahres bereits mindestens 21 Menschen getötet worden, Dutzende wurden verletzt. Die Hintergründe der Tat sind unklar. Unter den rund 80 Millionen Ägyptern leben etwa zehn Prozent Christen. Die koptisch-orthodoxe Kirche existiert seit dem ersten Jahrhundert nach Christus und gehört damit zu den ältesten Kirchen der Welt. In Deutschland zählt die Kirche etwa 6.000 Mitglieder. An ihrer Spitze steht seit 1995 Bischof Damian mit Amtssitz in Höxter-Brenkhausen. Die Kopten beklagen seit Jahren eine zunehmende Diskriminierung in Ägypten. In der Silvesternacht starben bei einem Anschlag auf eine koptische Kirche in Alexandria mehr als 20 Menschen, Dutzende wurden verletzt.