Koptischer Bischof würdigt Benedikt XVI. und kritisiert Lage in Ägypten

"Er verteidigt die Gerechtigkeit"

Die koptisch-orthodoxen Christen in Deutschland beklagen auch nach dem Todesurteil gegen einen muslimischen Attentäter anhaltende Diskriminierungen in Ägypten. Bischof Anba Damian dankt Papst Benedikt XVI. im Interview mit domradio.de für seine Unterstützung.

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Der römisch-katholische Papst würde sich als Staatspräsident auch einsetzen, wenn muslimische Minderheiten benachteiligt werden. Dank seiner deutlichen Stimme zuletzt seien "Liebe und Respekt in den Herzen" der koptisch-orthodoxen Christen gewachsen, so das Oberhaupt der koptischen Kirche in Deutschland.



Nach dem Anschlag auf koptische Christen im ägyptischen Alexandria Anfang des Jahres hatte Benedikt XVI. die Regierungen in aller Welt dazu aufgefordert, die Christen besser zu schützen.



"Wir verehren ihn. Und wir sind der festen Überzeugung, dass seine Stimme auch die Stimme Gottes ist." Der Papst verteidigte Menschen, die nicht nur zu seiner Kirche gehören, "sondern er verteidigt die Gerechtigkeit."



Todesurteil gegen Moslem

Das am Sonntag verhängte Todesurteil wegen des Mordes an sechs koptischen Christen und einen Muslim vor einem Jahr in Ägypten würde nichts an der Gesamtsituation ändern. Zwar könne es auf den ersten Blick Hoffnung auf Gerechtigkeit im Land wecken und so vielleicht abschreckende Wirkung haben. Doch das Urteil sei nur deshalb gesprochen worden, weil unter den Opfern ein Moslem sei. Denn dies verbiete das islamische Recht Scharia, die Hauptquelle des Rechts in Ägypten. Dagegen könne ein Täter nicht bestraft werden, wenn er "ein Moslem und sein Opfer ein Christ ist", so Bischof Damian am Montag (17.01.2011) im Interview mit domradio.de. Die Hintermänner der Tat seien noch auf freiem Fuß, darunter ein Politiker, der gerade erst wieder ins Parlament gewählt wurde.



Ein Gericht in der südägyptischen Stadt Kena befand den Angeklagten schuldig, am Vorabend des orthodoxen Weihnachtsfests im Januar 2010 aus einem Auto heraus auf eine Gruppe von Gläubigen geschossen und dabei sechs koptische Christen getötet zu haben, die gerade aus einer Kirche in der Ortschaft Nagaa Hamadi kamen. Der Verurteilte gilt als Chef eines Angreifer-Trios. Zum Motiv des Mannes machte das Gericht keine Angaben. Das Urteil gegen seine beiden mutmaßlichen Komplizen soll am 20. Februar fallen.



"Leben und leben lassen"

Ägyptens Religionsminister Mahmoud Zakzouk wies am Montag Vorwürfe zurück, Kopten würden diskriminiert und zu wenig geschützt. In einem Interview mit er "Neuen Osnabrücker Zeitung" nannte Zakzouk die Forderung von Papst Benedikt XVI., Kopten besser zu schützen, eine "klare Einmischung in die inneren Angelegenheiten Ägyptens". Zakzouk fügte hinzu: "Wir brauchen keine Lektionen vom Papst oder von irgendwelcher Seite, was wir machen müssen. Wir wissen genau, was wir machen."



Kopten seien in Ägypten genauso geschützt wie Muslime und hätten nicht unter Diskriminierung zu leiden. Mit dieser Einschätzung, widerspricht der koptische Bischof Damian, habe der Politiker nicht Recht. "Ich wünsche mir, dass Kopten und ihre muslimischen Mitbrüdern- und schwestern in Ägypten gleich behandelt werden." Es gehe um "Leben und leben lassen".



Angespanntes Klima

In Ägypten herrscht mit Blick auf die Sicherheitslage von koptischen Christen derzeit ein besonders angespanntes Klima. In der Neujahrsnacht 2010 waren bei einem Bombenanschlag auf eine koptische Kirche in Alexandria 21 Menschen ums Leben gekommen, 80 weitere wurden verletzt. Der Anschlag löste weltweit Bestürzung aus. In der vergangenen Woche schoss in einem Zug ein Polizist auf koptische Insassen und tötete dabei einen Gläubigen.



Die Kopten sind die größte christliche Glaubensgemeinschaft im Nahen Osten und machen bis zu zehn Prozent der 80 Millionen Einwohner Ägyptens aus. Sie sehen sich im Alltag Diskriminierungen und Benachteiligungen durch Muslime ausgesetzt. In Ägypten kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Kopten und Muslimen, meist aus Verärgerung über den Bau neuer Kirchen.



Gedenkgottesdienst in Düsseldorf

Bei einem Gedenkgottesdienst für die Opfer der Anschläge auf koptische Christen in Ägypten am Sonntagabend hatte Bischof Damian Religionsfreiheit für Christen in Ägypten und ein Recht auf Kirchenbau gefordert. Im Zusammenhang mit dem Anschlag von Alexandria mit über 20 Toten sprach Damian in Düsseldorf von einem "ethnischen Trauma". Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften nahmen an dem Gedenkgottesdienst in der koptischen Kirche St. Maria teil.



Ein Vertreter der syrisch-orthodoxen Kirche in Deutschland wies darauf hin, dass orthodoxe Christen in Syrien und in der Türkei ein ähnliches Schicksal erlitten wie die koptischen Christen in Ägypten. Die Christen in all diesen Ländern dürften nicht gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen, sonst würde die 2.000-jährige Geschichte der Christen dort ausgelöscht.