EKD-Synode tagt über sexuellen Missbrauch

"Relativ wenig Sacharbeit spürbar"

Bei der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland steht mit dem Umgang mit sexualisierter Gewalt ein sensibles Thema auf der Tagesordnung. Das Beteiligungsforum berichtet, wie weit die EKD bei der Aufarbeitung gekommen ist.

Autor/in:
Dagmar Peters
Die Synode der EKD im November 2025 Dresden. / © Paul-Philipp Braun (epd)
Die Synode der EKD im November 2025 Dresden. / © Paul-Philipp Braun ( epd )

DOMRADIO.DE: Wie ernst nimmt denn die Evangelische Kirche das Thema sexualisierte Gewalt inzwischen? Ist es ein echter Kulturwandel oder eher öffentlichkeitswirksame Symbolik? 

Benjamin Lassiwe (Journalist und evangelischer Kirchenexperte): Zunächst einmal muss man sagen, dass die sexualisierte Gewalt, der sexuelle Missbrauch in der Evangelischen Kirche seit mehreren Jahren ein fester Tagesordnungspunkt der EKD-Synode geworden ist. 

Benjamin Lassiwe, Journalist / © Lassiwe (privat)
Benjamin Lassiwe, Journalist / © Lassiwe ( privat )

Was wir heute mit dem Bericht aus dem Beteiligungsforum und auch dem Bericht von Betroffenenvertretern erlebt haben, gibt es bei der Synode mittlerweile jedes Jahr. 

Man registriert aber auch ein – vorsichtig formuliert – Desinteresse der Synodalen. Es gibt auf einer Synode durchaus lebhafte Debatten im Plenum, wobei sich Leute melden und Themen anprangern und sich teilweise über die Dinge, die in der Kirche geregelt werden müssen, zerstreiten. Aber eben nicht beim Missbrauch.

Heute waren es etwa sechs Wortmeldungen nach jedem dieser Berichte. Die meisten begannen mit einem Dank an die Vertreter des Beteiligungsforums. Aber es ist relativ wenig Sacharbeit spürbar. 

Die Evangelische Kirche berät über Missbrauchsaufarbeitung bei 6. Tagung der 13. Synode der EKD in Dresden. / © Paul-Philipp Braun (epd)
Die Evangelische Kirche berät über Missbrauchsaufarbeitung bei 6. Tagung der 13. Synode der EKD in Dresden. / © Paul-Philipp Braun ( epd )

Das kann daran liegen, dass die Vertreter anschließend auch in den Sitzungen der synodalen Ausschüsse sitzen. Wenn man jetzt fragt, was denn tatsächlich erreicht worden ist, dann wird man sagen müssen, dass in den meisten Bundesländern die unabhängigen regionalen Aufarbeitungskommissionen ihre Arbeit aufnehmen oder aufgenommen haben. 

Dann wird man auch sagen müssen, dass man über eine Anerkennungsrichtlinie spricht, die vermutlich zum 1. Januar 2026 flächendeckend in Kraft treten wird.

DOMRADIO.DE: Wie groß ist denn der Druck von außen, etwa durch Betroffene, durch Medien, durch die Gesellschaft?

Lassiwe: Der Druck ist nach wie vor da, er ist aber schwächer geworden. Das Thema Missbrauch in den Kirchen ist seit der MHG-Studie in der Kirche nicht mehr so explodiert, wie es früher war. Mein Eindruck ist, dass es mehr zu einem Arbeitsthema geworden ist. Es ist ein Thema geworden, an dem man dran ist. Es ist ein Thema geworden, worüber es fachliche Debatten gibt, zum Beispiel wie hoch die Höhe der Beträge für die Anerkennungsleistungen sein wird. Aber es ist kein Thema mehr, das die Öffentlichkeit noch so mitreißt, wie das vor drei, vier, fünf Jahren gewesen wäre. 

DOMRADIO.DE: Wo sind denn die größten Baustellen geblieben? 

Plenum der EKD Synode im November 2025. / © Paul-Philipp Braun (epd)
Plenum der EKD Synode im November 2025. / © Paul-Philipp Braun ( epd )

Lassiwe: Also die Baustellen liegen in den Details. Es gibt zum Beispiel in diesen unabhängigen regionalen Kommissionen Vertreter der Kirchen, der Betroffenen und der Länder. Zum einen hat es in einer ganzen Reihe von Landeskirchen gedauert, bis man Betroffenen-Beteiligung hergestellt hatte, zum anderen haben wir zum Beispiel das Land Niedersachsen, wo die die Vertreter des Landes nicht für die URAK (Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommission) nominiert worden sind. 

Da hatte man zunächst zwei Kandidaten im Blick, die wurden dann aber von den Betroffenen wegen einer angeblich zu großen Nähe zur Kirche abgelehnt. Und jetzt haben die Landesregierung und der Landtag in Niedersachsen offensichtlich keine Eile, Ersatzvertreter zu bestimmen. Das macht die Arbeit der Kommission dann natürlich auch schwierig, denn sie kann vorläufig nicht starten. 

Das Interview führte Dagmar Peters. 

Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)

Der Begriff Synode ist dem griechischen "synodos" entlehnt und bedeutet Zusammenkunft. Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) verabschiedet Kirchengesetze und entscheidet über den Haushalt. Außerdem gibt sie mit Beschlüssen auch eine inhaltliche Richtung vor. 

Die EKD-Synode ist das Parlament und damit eines von drei Leitungsgremien der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) - neben dem Rat und der Kirchenkonferenz. Sie hat 128 Mitglieder, sogenannte Synodale, die die 20 Landeskirchen mit gut 21 Millionen Gläubigen vertreten.

Logo der Evangelischen Kirche in Deutschland in Ulm während der Tagung der EKD-Synode / © Heike Lyding (epd)
Logo der Evangelischen Kirche in Deutschland in Ulm während der Tagung der EKD-Synode / © Heike Lyding ( epd )
Quelle:
DR

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