EKD-Ratsvorsitzende offen für staatliche Aufarbeitung

"Jede Unterstützung ist zu begrüßen"

Auch die evangelische Kirche müsse die "eigenen Versäumnisse" erkennen, so Annette Kurschus. Dabei sei sie auch offen für eine staatliche Aufarbeitungskommission. Höhere Zahlungen an Missbrauchsopfer sehe sie hingegen kritisch.

Annette Kurschus / © Harald Oppitz (KNA)
Annette Kurschus / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, ist offen für die Einrichtung einer staatlichen Kommission zur Missbrauchsaufarbeitung in Kirchen. "Jede Unterstützung, sexualisierte Gewalt in unserer Gesellschaft offen zu thematisieren und lückenlos aufzuarbeiten, ist grundsätzlich zu begrüßen", sagte sie der "Augsburger Allgemeinen" am Samstag. Dies könne aber nicht die Aufarbeitung innerhalb der Kirche ersetzen.

"Es steht uns allen gut an, eigene Versäumnisse zu erkennen und zu benennen. Auch in der evangelischen Kirche gab und gibt es sexualisierte Gewalt", so Kurschus. Dagegen sei in den vergangenen Jahren viel getan worden - etwa durch verbindliche Schutzbestimmungen, die in jeder Gemeinde gültig seien.

Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs

Die Kommissionsmitglieder setzen sich seit vielen Jahren für die Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs ein. Sie sind Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten wie den Rechts-, Erziehungs- und Sozialwissenschaften, der Psychologie, der Medizin und der Politik. Alle Mitglieder arbeiten ehrenamtlich.

Ein Mädchen sitzt traurig auf dem Boden; Symbolfoto Kinderarmut Missbrauch / © Olesia Bilkei (shutterstock)
Ein Mädchen sitzt traurig auf dem Boden; Symbolfoto Kinderarmut Missbrauch / © Olesia Bilkei ( shutterstock )

Wissenschaftliche Untersuchung in Auftrag gegeben

Die EKD-Ratsvorsitzende verwies zudem auf eine "aufwendige und flächendeckende wissenschaftliche Untersuchung", die 2020 bei unabhängigen Forschern in Auftrag gegeben worden sei. Damit wolle man die Missbrauchsaufklärung weiter vorantreiben. "Dass es ein Dunkelfeld gibt, ist uns bewusst", räumte Kurschus ein. Die Faktoren, die sexualisierte Gewalt begünstigten, seien jedoch andere als in der katholischen Kirche. Auch damit werde sich die Studie intensiv befassen.

Zurückhaltend kommentierte Kurschus Forderungen nach höheren Zahlungen an Missbrauchsopfer. "Das Unrecht, das Menschen angetan wurde, lässt sich mit keiner noch so hohen Summe ausgleichen oder gar wiedergutmachen", betonte sie. "Wenn man die Beträge einfach nur symbolhaft erhöht, entsteht der Eindruck, man wolle damit das verübte Unrecht angemessener ausgleichen." Das halte sie für schwierig. Die Frage werde aber in der Diskussion bleiben. Die evangelische Kirche halte an ihrem System der "individuellen Leistungen" fest.

Quelle:
epd
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