Einigung zu Reformvertrag - EU will Irland offenbar Garantien beim Lebensschutz geben

Gipfel bewältigt große Brocken

Europa will an seinen langfristigen Klimaschutzzielen festhalten. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel bekräftigten die 27 Staats- und Regierungschefs die 2007 beschlossenen Klimaschutzziele. Heute soll der Reformvertrag beschlossen werden. Für Irland soll es offenbar Garantien beim Lebensschutz geben.

Autor/in:
André Spangenberg und Stefan Uhlmann
 (DR)


Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen offenbar Irland für ein Ja zum Lissabon-Vertrag entgegenkommen. Sorgen des Landes etwa in Fragen der Familien- und Sozialpolitik sowie der Ethik sollten mit rechtlichen Garantien ausgeräumt werden, heißt es in einem am Donnerstag in Brüssel bekanntgewordenen Entwurf des Schlussdokuments zum EU-Gipfeltreffen. Voraussetzung sei, dass Irland sich verpflichtet, das Vertragswerk bis November 2009 zu ratifizieren. Dann endet die Amtszeit der gegenwärtigen EU-Kommission.

Laut dem Entwurf sagte Irlands Ministerpräsident Brian Cowen seinen Amtskollegen, für eine Ratifizierung müssten mehrere Bedenken ausgeräumt werden. So solle sichergestellt sein, dass der neue Vertrags den Bestimmungen der irischen Verfassung zum Recht auf Leben, Bildung und Familie nicht entgegenstünden. Weiter solle gewährleistet sein, dass Irland seine traditionelle außenpolitische Neutralität beibehalten könne und bei der Steuerpolitik keine neuen Zuständigkeiten für die EU geschaffen würden.

Es wird erwartet, dass Irland im Herbst 2009 ein zweites Referendum über den EU-Vertrag durchführt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte zum Auftakt des EU-Gipfels, es müsse alles getan werden, um "unsere irische Kollegen und Freunde zu unterstützen, wenn sie sich auf den Weg machen zu einem zweiten Referendum".

Druck auf den EU-Gipfel aus Polen
Mehrere EU-Länder hatten mit einem Veto gedroht, sollten die ehrgeizigen Vorgaben nicht deutlich abgeschwächt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zu Beginn des Treffens erneut klargestellt, dass es keine Abweichung vom Ziel der 20-prozentigen Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes bis 2020 geben dürfe. Lediglich über die Zwischenschritte solle und müsse verhandelt werden. Der Kompromissvorschlag sieht vor, energieintensive Industriezweige zu entlasten und nicht wie geplant bis 2020 die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten komplett aufzuheben.

Um den Bedenken mittel- und osteuropäischen Ländern Rechnung zu tragen, soll ein "Klima-Soli" die zum Teil stark veralteten Industrien entlasten. Polen und Rumänien sollen der Vorlage zufolge am stärksten davon profitieren. Zudem soll auch die Überschreitung der CO2-Obergrenzen generell flexibler gehandhabt werden etwa im Falle extremer Witterungsbedingungen.

Druck auf den EU-Gipfel, sich zu einigen, war zuvor auch aus dem polnischen Poznan (Posen) gekommen. Auf der dortigen Klimakonferenz erinnerte UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon die Europäer an ihre Führungsrolle im Klimaschutz. Die Entscheidungen des EU-Gipfels seien bedeutsam für die ganze Welt. Die Konferenz in Poznan ist eine Zwischenstation zum Klimatreffen von Kopenhagen in einem Jahr. Dort soll ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll vereinbart werden.

Zukunft des EU-Reformvertrages
Eine Einigung gab es beim zweiten Top-Thema des Gipfels, der Zukunft des EU-Reformvertrages. Er liegt wegen des Neins der Iren bei einer Volksabstimmung auf Eis. Die französische Ratspräsidentschaft schlug weitreichende Garantien vor, um den Iren den Weg für ein zweites Referendum im Herbst 2009 zu ebnen. So soll nach Vorstellungen Sarkozys die EU-Kommission nicht verkleinert und weiterhin ein Kommissar pro Land zugelassen werden. Dies wurde vom Gipfel schließlich doch nicht im Grundsatz beanstandet.

Ferner legte der EU-Außenbeauftragte Javier Solana dem EU-Gipfel Vorschläge vor, neben einer verstärkten militärischen Koordinierung auch die Fähigkeiten der Europäischen Union zur zivilen Krisenprävention zu stärken. Kern sind die Verbesserung des Einsatzes in weit entfernten Operationsgebieten sowie eine bessere Informationsbeschaffung auch durch weltraumgestützte Aufklärung.

Am Abend berieten die 27 EU-Staats- und Regierungschefs schließlich über Wirtschafts- und Finanzfragen. Dabei geht es insbesondere um das von der EU-Kommission vorgeschlagene 200 Milliarden Euro schwere europäische Konjunkturpaket. Die EU-Kommission dringt hier auf eine Zusage zu einer weiteren Aufstockung dieser Mittel bei einer weiteren Verschärfung der Konjunkturkrise.

Merkel, die sich bislang zurückhaltend dazu geäußert hatte, wollte weitere konjunkturstützende Maßnahmen für Deutschland nicht grundsätzlich ausschließen. "Deutschland ist sich seiner Verantwortung als größte Wirtschaftsmacht Europas bewusst", sagte die Kanzlerin.