"Popkantor": Künstler in Coronakrise in Gottesdienste einbeziehen

Eine Verantwortung für die Kirchen?

Sollen die Kirchen während der Corona-Krise Musiker unterstützen, indem sie sie in Gottesdiensten spielen lassen? Dafür hat sich der "Popkantor" der hannoverschen Landeskirche ausgesprochen. Es gäbe allerdings auch eine Bedingung.

Symbolbild: Musiker / © furtseff (shutterstock)

Der "Popkantor" der hannoverschen Landeskirche, Til von Dombois (40), hat die Kirchen aufgerufen, in der Corona-Krise die Künstler zu unterstützen. "Ich sehe eine Verantwortung für uns als Kirche", sagte der Sänger, Songwriter und Musikproduzent dem Evangelischen Pressedienst. "Die Kirche ist ein großer Kulturförderer in Deutschland."

Gottesdienste dürfen nicht zu Konzerten werden

Die Kirche könne aktuell freiberufliche Musiker immerhin noch in Gottesdienste einbeziehen und ihnen so bezahlte Auftrittsmöglichkeiten bieten, wenn auch in begrenztem Umfang. "Viele, die sonst mit Honoraraufträgen in Kirchen spielen, stehen jetzt vor dem Nichts. Ihre Musik ist eine echte Bereicherung für unsere Gottesdienste, in denen die Gemeinden aktuell ja nicht singen dürfen."

Allerdings müssten diese Auftritte in den gottesdienstlichen Ablauf passen, unterstrich der Musiker. Sie dürften nicht unter der Hand zu einem Konzert werden. An vielen Orten gebe es dafür bereits gelungene Beispiele. Nach den aktuellen Corona-Verordnungen der Bundesländer sind Gottesdienste weiter erlaubt, Konzerte und andere Kulturveranstaltungen aber verboten.

Nicht nur Honorare, sondern auch Respekt

Bei solchen Auftrittsmöglichkeiten gehe es nicht nur um Honorare für die Künstler, sagte von Dombois. "Es geht auch um Respekt und Wertschätzung ihrer Arbeit", unterstrich er. "Auf der einen Seite erwarten wir in der Gesellschaft, dass Kunst und Kultur funktionieren und ständig neue Sachen produzieren. Auf der anderen Seite gibt es wenig Empathie und Verständnis für Künstlerinnen und Künstler und für die Bedingungen, unter denen sie arbeiten."

Zahlreiche Künstlerinnen litten sehr unter den Beschränkungen der Corona-Krise, erläuterte der Popkantor. "Hochdekorierte Musiker haben mir erzählt, dass sie ihre letzte Rechnung im März geschrieben haben und jetzt Grundsicherung beantragen." Auch in der Kirche würden viele Veranstaltungen, bei denen sonst Künstler aufgetreten seien, auf die Zeit nach der Krise verschoben.

Dabei seien in Einzelfällen dennoch bereits Anteile von Honoraren ausbezahlt worden. "Das ist ein wichtiges Zeichen in Richtung der Künstler und der Politik. Wir zeigen solidarisch Flagge."

Chorleiter weiter bezahlen

Der Musiker appellierte zugleich an die Kirchengemeinden, nebenamtliche Chorleiter weiter zu bezahlen, obwohl die Chöre wegen Corona gerade nicht singen könnten. Immerhin gestalteten Musikerinnen und Musiker auch Video-Proben.

Til von Dombois ist seit 2012 "Popkantor" in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Er sorgt zusammen mit dem Team des Michaelisklosters in Hildesheim dafür, dass Popmusik zu einem selbstverständlichen Teil der Kirche wird. Der Musiker ist in normalen Zeiten mit seiner "Popkantor Band" ganzjährig auf Tour.


Der Musiker Til von Dombois / © Jens Schulze (epd)
Der Musiker Til von Dombois / © Jens Schulze ( epd )
Quelle:
epd