Eine "Tiny Church" soll neue Wege in der Seelsorge gehen

"Auf die Menschen zugehen"

"Tiny Houses", also winzige Häuser sollen nicht nur Platz sparen, sondern auch nachhaltig sein. In Frankfurt am Main ist nun eine "Tiny Church" in Planung, die neue Wege in der Seelsorge gehen will und bei den Menschen sein soll.

Symbolbild Ein Tiny House im Grünen / © hillsn_1992 (shutterstock)
Symbolbild Ein Tiny House im Grünen / © hillsn_1992 ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Die "Tiny Church" (dt. "winzige Kirche", d. Red.) ist für ein Neubaugebiet im Bereich Ihrer Pfarrei gedacht. Was entsteht da gerade für eine Wohngegend?

George Kurumthottikal  / © Sabrina Khamo (privat)
George Kurumthottikal / © Sabrina Khamo ( privat )

George Kurumthottikal (Pfarrei Sankt Jakobus in Frankfurt am Main, für das Projekt zuständig): Das Lyoner Quartier ist in Frankfurt zunächst einmal als Bürostadt bekannt. Dort haben größere Firmen wie Nestlé und Deka ihre Immobilien. In den letzten Jahren wird diese Bürostadt sukzessive zu einem Wohnquartier umgebaut. Wir rechnen in den nächsten Jahren mit 6.000 Wohneinheiten und mit etwa 12.000 Einwohnern.

DOMRADIO.DE: Da wollen Sie als Kirche mit dabei sein und haben sich eine Tiny Church entwerfen lassen. Wie wird die aussehen?

Kurumthottikal: Das ist ein "Tiny House" (dt. "winziges Haus, d. Red.), wie man es auch aus den USA kennt und wie es im aktuellen Trend in vielen Städten ja auch schon zu sehen ist. Im Grunde ist es ein Raum mit etwa sechs mal drei Metern. Wir haben eine sanitäre Einrichtung, eine kleine Küche und bauen dann natürlich vor allem auf das Außengelände.

Unsere Architektengruppe aus Weimar hat auch Wert darauf gelegt, einen Holzbau mit einem nachhaltigen Konzept zu entwerfen. Dadurch sind wir natürlich gerade in Frankfurt eine nicht übliche Gebäudeklasse. Damit betreten wir auch Neuland.

DOMRADIO.DE: Wenn die Leute nicht zur Kirche kommen, dann kommt die Kirche halt zu ihnen. Ist das die Idee dahinter?

George Kurumthottikal (Pfarrei Sankt Jakobus in Frankfurt am Main, für das Projekt zuständig)

"Es ist in unserer heutigen Zeit nicht mehr zeitgemäß, dass wir als Kirche einen sakralen Prunkbau da in ein wachsendes Wohngebiet setzen."

Kurumthottikal: Genau so haben wir das auch in unserer Projektkonzeption formuliert. Es ist in unserer heutigen Zeit nicht mehr zeitgemäß, dass wir als Kirche einen sakralen Prunkbau da in ein wachsendes Wohngebiet setzen. Zumal wir ja gerade auch in Frankfurt da noch mal ein Zeichen setzen in einer Stadt mit akuter Wohnungsknappheit.

Wir wollen zusammen mit der evangelischen Paul-Gerhardt-Gemeinde da rausgehen, unter die Menschen gehen und im wahrsten Sinne Nachbarn werden. Und wie es so bei Nachbarn ist, werden wir dann auch nahbar sein.

DOMRADIO.DE: Das ganze ist ein ökumenisches Projekt. Sie machen das zusammen mit der evangelischen Gemeinde. Wie stellen Sie sich das vor? Es geht nicht nur um diesen realen Raum, richtig?

Kurumthottikal: Grundsätzlich wollen wir auf die Menschen zugehen. Das Wichtigste ist da wirklich, unter die Menschen zu gehen. Wir wollen zuhören und vor allem erfahren, was die Menschen brauchen – jenseits von den Angeboten, die unsere Gemeinden sowieso haben. Mit der Tiny Church wollen wir genau für diese Bedarfe Raum bieten. Das können spirituelle Impulse sein, aber auch Kultur-Events und Angebote für Kinder. Wir wollen aber auch allen Bewohnern in dem Quartier, die neu nach Frankfurt gekommen sind, Frankfurt nahbar machen und vorstellen.

Das heißt, im Grunde wollen wir einen Ort schaffen, wo Begegnung stattfinden kann, wo man hinkommen kann und wenn man so will, ganz einfach auch zum Feierabend sein Feierabendbier am Tiny House trinken kann.

DOMRADIO.DE: Noch ist es nicht so weit, noch ist die Tiny Church nicht da. Was ist der Stand der Dinge? Wann könnte es so weit sein?

Tiny House / © KOOP Architekten & Ingenieure, Weimar (privat)
Tiny House / © KOOP Architekten & Ingenieure, Weimar ( privat )

Kurumthottikal: Wir rechnen im Sommer damit, dass die Tiny Church steht. Das hat mit vielem zu tun, auch mit einer aufwendigeren Genehmigung durch die Stadt aufgrund dieser besonderen Gebäudeklasse. Hinzu kommen Lieferengpässe beim Material. Wir erfahren da aber sehr viel Unterstützung von allen Seiten, zum Beispiel jetzt auch vom Bonifatiuswerk und den beiden Stadtkirchen. Die stehen uns da tatkräftig zur Seite.

Und wir sind natürlich auch weiter auf Unterstützung angewiesen. So ist das nicht. Vor allem wollen wir aber auch weiter, auch bevor dieses Gebäude steht, präsent sein. Wir werden vor Ort sein und schon im Lyoner Quartier den Menschen begegnen.

DOMRADIO.DE: Verstehen Sie Ihr Projekt auch als ein Modell für andere?

Kurumthottikal: Ja, unbedingt. Es ist in einer Gemeinde gewachsen. Es ist jetzt hier zwar bei der St. Jakobus-Gemeinde und der Paul-Gerhardt-Gemeinde entstanden, aber wir sehen da Potenzial: für die Stadt, für die Stadtkirche, aber auch im weiteren Raum im Grunde als Konzept für andere Städte.

Wir sehen hier einen Trend in anderen Städten, dem wir entgegenwirken wollen, und zwar, dass gerade in so Wohnbaugebieten, wo ein soziales Leben nicht stattfindet, dass wir dort vor Ort sind, dass wir mobil sind und unter die Menschen gehen. Ich denke, das wird eine Herausforderung sein, die wir jetzt mit diesem Pilotprojekt in Frankfurt zwar angehen, die aber auch in den nächsten Jahren in vielen anderen Städten definitiv groß sein wird.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Bistum Limburg

Das vor 185 Jahren gegründete Bistum Limburg gehört zu den jüngeren unter den 27 deutschen Diözesen. Das Bistum ist Teil der Kölner Kirchenprovinz und misst 6.181 Quadratkilometer. Es erstreckt sich größtenteils auf Hessen, zu einem kleinen Teil auf Rheinland-Pfalz. Zur Diözese gehören die Wirtschafts- und Bankenmetropole Frankfurt sowie die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden ebenso wie ländliche Regionen im Rheingau, Taunus, Westerwald und nördlich von Wetzlar.

Blick auf den Limburger Dom / © Sina Ettmer Photography (shutterstock)
Blick auf den Limburger Dom / © Sina Ettmer Photography ( shutterstock )
Quelle:
DR