Eine theologische Betrachtung zum Welttag der Migranten

Missionare der Hoffnung

Sie verlassen ihre Heimat, nehmen Strapazen auf sich und wählen oft lebensgefährliche Routen. Alles in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Was wir von Flüchtlingen lernen können und warum sie ein Vorbild für die Kirche sein können.

Autor/in:
Fabian Brand
Die Bronzeskulptur "Angels Unawares" von Timothy Schmalz zeigt eine Gruppe von Flüchtlingen und Migranten auf einem Boot / © Paul Wuthe/Kathpress (KNA)
Die Bronzeskulptur "Angels Unawares" von Timothy Schmalz zeigt eine Gruppe von Flüchtlingen und Migranten auf einem Boot / © Paul Wuthe/Kathpress ( KNA )

Hoffnung hatten auch sie, Maria, Josef und das Jesuskind, als sie sich schon kurz nach der Geburt des Kindes aufmachten, um nach Ägypten zu fliehen. Sie hofften, dort ein Leben in Ruhe und Frieden zu finden. Denn das war dort, wo sie herkamen, nicht mehr gegeben. Der Evangelist Matthäus schildert uns diese Episode in seiner Kindheitsgeschichte. Weil der grausame König Herodes im Jesuskind einen Konkurrenten erkannte, versuchte er, ihn aus dem Weg zu räumen. Und für die Heilige Familie begann die Zeit der Flucht, in der sie in einem anderen Land Aufnahme und Schutz suchen mussten.

Hoffnung haben auch die vielen Flüchtlinge und Migranten, die sich in unseren Tagen auf den Weg machen. Meistens tun sie das nicht freiwillig, sondern weil die Situation in ihrem Heimatland unerträglich geworden ist. Sie leiden unter Verfolgung oder müssen unter der Androhung des Todes leben. Gewalt, Krieg und Terror bestimmen dort ihr Leben. Die Hoffnung auf ein besseres Leben treibt sie an - irgendwo anders hinzugehen, neu anzufangen, in einem anderen Land ein anderes Leben zu führen. Ein besseres Leben. Ein Leben, das nicht jeden Tag um seine Auslöschung bangen muss. Ein Leben, das endlich wirklich lebenswert ist.

Riskante Flucht

Solche Menschen haben in unserem Land mittlerweile vielfach Aufnahme gefunden. Und es gibt viele, die froh sind, so gut integriert worden zu sein und hier in Frieden leben zu können. Aber es gibt auch die anderen, die ihr Ziel nicht erreichen, weil die Flucht gefährlich und brisant ist. Immer wieder hören wir in den Nachrichten von gekenterten Flüchtlingsbooten, von hunderten von Menschen, die auf der Flucht umkommen. Die ihr Leben lassen, weil sie nach einem besseren Leben gesucht haben.

Seine erste größere Reise führte Papst Franziskus im Jahr 2013 auf die italienische Insel Lampedusa. Es war dem damaligen Papst ein Herzensanliegen, jener zu gedenken, die auf der Flucht ihre Leben verloren haben. Die auf ihrer Suche nach Hoffnung ihr Leben lassen mussten. "Pilger der Hoffnung" steht als Motto über dem Heiligen Jahr 2025.Viele Pilgergruppen sind in diesem Heiligen Jahr schon nach Rom gekommen, um zusammen mit Papst Leo XIV. den Glauben zu feiern und auf jene Hoffnung zu blicken, die in Christus Mensch geworden ist. Der 4. und 5. Oktober steht in diesem Heiligen Jahr ganz im Zeichen der Migranten und Flüchtlinge.

"Privilegierte Zeugen"

Auch sie sind Missionare der Hoffnung, wie Papst Leo in seinem Schreiben zum 111. Welttag der Flüchtlinge und Migranten betont: "Viele Migranten, Flüchtlinge und Vertriebene sind privilegierte Zeugen der im Alltag gelebten Hoffnung, indem sie sich Gott anvertrauen und Widrigkeiten ertragen, in der Aussicht auf eine Zukunft, in der sie das Herankommen von Glück und ganzheitlicher menschlicher Entwicklung erahnen."

Sie sind Hoffnungsträger, weil sie mit ihrem Leben einer Hoffnung Ausdruck verleihen: der Hoffnung auf Leben. Ein Leben, das frei ist von jeder Unterdrückung, jeder Gewalt, von jedem Unfrieden. Ein Leben, das getragen ist vom Glauben daran, dass es gut wird. Ein Leben, das darum weiß, dass trotz aller Widrigkeiten, trotz allen Kriegs niemals das Böse die Überhand behalten wird. Sie sind Pilger der Hoffnung und damit der ganzen Kirche ein Vorbild. Die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten erinnert uns daran, dass Christus selbst das Schicksal der Migranten geteilt hat. Er ist einer von ihnen geworden.

Vorbilder für unseren Glauben

Und diese Flucht macht deutlich, dass es unsere Aufgabe als Christinnen und Christen ist, Menschen, denen es heute genauso geht, beizustehen und ihnen zu helfen. Aber wir können uns auch ein Beispiel nehmen an der Hoffnung, die sie in sich tragen. Wir dürfen von Migranten und Flüchtlingen lernen. Sie sind uns Vorbilder für unseren Glauben.

Denn es ist die Hoffnung, die sie leben lässt und antreibt. Es ist jene Hoffnung, die wir so oft in unserem Leben vermissen und nach der wir uns sehnen. Als Pilger der Hoffnung lehren uns die Migranten, niemals die Hoffnung aufzugeben, sondern lebenslang als glaubende, liebende und hoffende Menschen durch dieses Leben zu gehen. Egal, was es für uns bereithält.

Weltflüchtlingstag

Der Weltflüchtlingstag ist ein von den Vereinten Nationen eingerichteter Aktionstag, der seit 2001 am 20. Juni stattfindet. Bereits seit 1914 gibt es den Welttag des Migranten und Flüchtlings (auch Welttag der Migranten und Flüchtlinge; kurz Weltflüchtlingstag), ein jährlich am 19. Januar stattfindender, kirchlicher Gedenktag für Flüchtlinge und Migranten. Er wurde erstmals 1914 von Papst Benedikt XV. mit dem Dekret Ethnografica studia ausgerufen.

Flüchtlingslager auf Zypern / © Andrea Krogmann (KNA)
Flüchtlingslager auf Zypern / © Andrea Krogmann ( KNA )
Quelle:
KNA