Eine südafrikanische Kirche findet Gott in der Kneipe

Dosenbier statt Hostie

​Skurril, unheilig oder bloß ein alternativer Zugang zum Glauben? Eine Freikirche in Südafrika feiert ihre Gottesdienste in Kneipen. Und das mit zunehmendem Erfolg.

Autor/in:
Markus Schönherr
Südafrikanische Freikirche: Gebete mit Alkohol / © Kim Ludbrook (dpa)
Südafrikanische Freikirche: Gebete mit Alkohol / © Kim Ludbrook ( dpa )

Aus den Boxen dröhnt Kwaito-Musik, südafrikanischer Rap. Eine Gruppe von 20 Männern verfällt dem Sprechgesang auf Zulu. Die Menge tanzt, schwenkt Bierdosen und dankt Gott dabei lautstark für das Beisammensein in der Township-Kneipe in Evaton bei Johannesburg. Dort findet heute zur Abwechslung keine Fußball-Übertragung statt - sondern ein Gottesdienst der "Gabola Church".

Die christliche Freikirche ist die einzige Kirche Südafrikas und vermutlich des Kontinents, bei der es regelmäßig hochprozentig zugeht. Für die Gläubigen der Pfingstbewegung führt der Weg zu Gott über ein Glas Whisky. Oder eine Flasche Bier. Entsprechend wählt Tsietsi Makiti, der selbsternannte Bischof und charismatische Gründer der "Gabola Church", seine Gotteshäuser aus: Jede Woche findet die Messe in einer anderen Bar statt.

"Kriminalität ist zurückgegangen"

Normalerweise sind sogenannte "shebeens" Zentren von Kriminalität; Alkohol schenken die Kneipen in Südafrikas Armenvierteln meist ohne Lizenz aus. Häufig kommt es zu Schlägereien und Vergewaltigungen. Aber nicht, wenn Bischof Makiti vorsitzt. Wie in jeder Kirche wird unter seiner Aufsicht gebetet, Gott angerufen und Segen gespendet. "Es gibt keine Schlägereien mehr in den Tavernen. In den Vierteln ist die Kriminalität zurückgegangen, da wir einander als Brüder ansehen", so Makiti.

Seit die Kirche vor drei Monaten ins Leben gerufen wurde, sorgte sie landesweit für Schlagzeilen. Glaubt man lokalen Zeitungen, erfreuen sich Makitis vier Stunden lange Feiern immer größerer Beliebtheit - vor allem bei jenen, die sonst keinen Fuß in eine Kirche setzen würden. "Wer von anderen Kirchen als Trunkenbold verstoßen wird, ist hier willkommen", sagt der 52-Jährige, der die Zeremonie in Priestergewand und Bischofsmütze über einer Fünf-Liter-Flasche Whisky beaufsichtigt.

Trinken als Voraussetzung

In der Stammessprache Sotho bedeutet "Gabola" soviel wie "Trinken". Das ist hier keine Sünde, sondern Voraussetzung. "Ich wuchs in einem Haus auf, in dessen Hof bis heute Gottesdienste stattfinden. Irgendwann wurde ich davon ausgeschlossen, weil ich trinke", zitiert die südafrikanische Wochenzeitung "City Press" einen Gläubigen in einer Bar bei Johannesburg. "In der Gabola Church habe ich ein neues Zuhause gefunden."

Trotzdem: Inklusivität sieht anders aus. So bleiben Frauen und Kinder aus der relativ jungen Kirche ausgeschlossen. Dies sei zu ihrem eigenen Schutz, wie Makiti betont. "Wir wollen keine Situation, bei der betrunkene Männer die Frauen belästigen. Erst wenn wir die Gemeinde entsprechend vorbereitet haben, werden wir Frauen zulassen." 

Alle zehn Minuten eine Vergewaltigung

In Südafrika findet laut Polizeistatistik alle zehn Minuten eine Vergewaltigung statt. Neben gebrochenen Männlichkeitsidealen führen Experten die 55.000 Fälle pro Jahr unter anderem auf Alkoholmissbrauch zurück. Doch Makiti ist überzeugt: "Menschen die Bier trinken, sind glücklich und friedvoll."

Für Kritiker beweist der Erfolg der "Gabola Church" vor allem eins: Nirgends ist es so einfach, eine Kirche zu gründen, wie in Südafrika. Wer in der Kaprepublik genügend Anhänger findet, dem gehört die uneingeschränkte spirituelle Macht über seine Herde, auch wenn auf Spirituosen gegründet.

"In charismatischen Kirchen herrscht Selbstbestimmung. Wenn mich heute Nacht der Ruf ereilt, kann ich morgen ein Zelt und eine Tonanlage kaufen und mich fortan als Bischof bezeichnen", sagt Thoko Mkhwanazi-Xalavu, Vorsitzende der "Kommission für die Unterstützung und den Schutz von Kultur-, Religions- und Sprachgruppen" (CRL).

"Wir verkaufen niemandem Zauberei"

Bis vor kurzem war die Behörde selbst in Südafrika nur wenigen bekannt. Das änderte sich in jüngster Vergangenheit, als selbsternannte Propheten ihren Verehrern Schlangen, Gras und Benzin verfütterten. Andere "heilten" ihre Anhänger, indem sie ihnen Insektenspray ins Gesicht sprühten. Im Juli empfahl die CRL-Kommission dem Parlament in Kapstadt deshalb, sämtliche Kirchen des Landes zu erfassen und durch Religionskomitees zu regulieren.

Doch Bischof Makiti will nichts mit den unheiligen Kirchen zu tun haben. "Alles, was wir tun, ist zu trinken und zur selben Zeit Gott zu preisen. Wir verkaufen niemandem Zauberei", sagt er. Und nimmt einen Schluck.


Quelle:
KNA