Eine Reise zu den Bahnhöfen der Welt

Nächster Halt Vatikan

Nicht nur Eisenbahnfreunde werden diese Nachricht mit Freuden vernommen haben. Erstmals seit über zwei Jahren verkehrt wieder der Zug zwischen dem Vatikan und Castel Gandolfo. Zeit für eine kleine Rundfahrt.

Autor/in:
Joachim Heinz
Der "Caritas-Express" steht zum 60-jährigen Gründungsjubiläum des Hilfswerks Caritas Internationalis am 21. Mai 2011 im Bahnhof im Vatikan / © Ernst Herb (KNA)
Der "Caritas-Express" steht zum 60-jährigen Gründungsjubiläum des Hilfswerks Caritas Internationalis am 21. Mai 2011 im Bahnhof im Vatikan / © Ernst Herb ( KNA )

"Kathedralen der industriellen Revolution" – das waren Bahnhöfe in den Augen des britischen Schriftstellers Gilbert Keith Chesterton (1874-1936). Und es stimmt ja: Manche Anlagen erinnern tatsächlich an Sakralbauten. So wie die 75 Meter hohe Kuppel des belgischen Bahnhofs Antwerpen, für die sich Architekt Louis de la Censerie (1838-1909) unter anderem vom Pantheon in Rom inspirieren ließ.

Im algerischen Oran zeichnete der Franzose Albert Ballu (1849-1939) verantwortlich für den dortigen Haltepunkt. In der damaligen französischen Kolonialmetropole entwarf Ballu auch die Sacre-Coeur-Kathedrale – Baustoff war in beiden Fällen der damals hochmoderne Stahlbeton.

In Porto dagegen musste vor über 100 Jahren ein ganzes Kloster dem aufstrebenden Verkehrsmittel weichen. Nur noch der Name der portugiesischen Station, "Sao Bento", erinnert an die monastische Vergangenheit.

Blick auf den Kölner Dom / © Wondervisuals (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © Wondervisuals ( shutterstock )

Bahnhof mit Dom  

In Köln dagegen führt die Trasse direkt am Wahrzeichen der Stadt, dem Dom, vorbei. Ein beeindruckendes Panorama, das täglich etwa 318.000 Reisende bestaunten - vor der Corona-Pandemie. Im Vatikan dagegen ist entlang der Gleise deutlich mehr Platz.

Seit 1934 verfügen die Päpste über einen eigenen Bahnhof. Aber nutzen tun sie ihn kaum. Allerdings: Seit Samstag können Touristen wieder einmal in der Woche zwischen dem Vatikan und der Päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo in den Albaner Bergen pendeln. Vielen Nutzern gefällt das: Die Tickets bis einschließlich Ostern sind bereits ausverkauft. 

An mehr oder weniger gesicherten Superlativen herrscht im weltweiten Netz der Bahnhöfe kein Mangel. Die höchstgelegene Station: Tanggula in dem zu China gehörenden Autonomen Gebiet Tibet auf 5.068 Metern.

Auf der Bahnstrecke zwischen Fianarantsoa und Manakara, Madagaskar (shutterstock)
Auf der Bahnstrecke zwischen Fianarantsoa und Manakara, Madagaskar / ( shutterstock )

Abwechslungsreiche Fahrt in Madagaskar

Mit 2.900 Zügen täglich gehört Zürich zu den meistfrequentierten Bahnhöfen Europas. Eines der teuersten und umstrittensten Projekte der Moderne nimmt derzeit in Stuttgart Gestalt an: Der Hauptbahnhof wird tiefer gelegt - während die Baukosten stetig in die Höhe steigen.

Da möchte man lieber schnell das Weite suchen: Eine besonders abwechslungsreiche Fahrt steht Passagieren bevor, die in Fianarantsoa auf Madagaskar in den Zug klettern. Die 162 Kilometer lange Trasse führt über 67 Brücken sowie die Start- und Landebahn eines Flugplatzes nach Manakara.

Innere Einkehr dagegen verspricht der "Train du desert". Der "Wüstenzug" verkehrt auf Mauretaniens einziger Bahnstrecke. "Zugestiegen wird an Bahnhöfen ohne Gebäude", vermerkt Martin Weltner in dem Bildband "Bahnhöfe der Welt".

Diskret geht es ausgerechnet an einem der größten Kopfbahnhöfe der Welt zu. In New Yorks Grand Central Station gibt es einen eigenen Bahnsteig für das Waldorf-Astoria-Hotel. Die mondäne Luxusherberge gehört heute zum Hilton-Konzern.

Grand Central Station in New York  (shutterstock)

Bahnhöfe in Büchern

Ein Kapitel für sich ist das Thema Bahnhof und Bücher. Beispiele dafür finden sich vor allem in Großbritannien, dem Mutterland der Eisenbahn. So wählte Agatha Christie (1890-1976) als Titel einer ihrer Miss-Marple-Romane "16.50 Uhr ab Paddington".

Ein anderer Bahnhof in London zieht unterdessen Harry-Potter-Fans geradezu magisch an. Von der Station King's Cross lässt Autorin Joanne K. Rowling den imaginären Hogwarts-Express abfahren, der den Zauberlehrling in das gleichnamige Internat transportiert.

Wenn die Trasse zur Kirche führt 

Einen ganz eigenen Charme entfalten schließlich "Geisterstationen", aufgelassene Bahnhöfe, die sich an stillgelegten Strecken erhalten haben. Nicht selten führen inzwischen Radwege über die einstigen Trassen so wie im Fall der Dolomitenbahn in Italien.

Statue von Papst Johannes Paul II. am Hauptbahnhof in Rom (shutterstock)
Statue von Papst Johannes Paul II. am Hauptbahnhof in Rom / ( shutterstock )

In Ospitale d'Ampezzo gelangen Tourenradler auf diese Weise zu einem der ältesten Gasthäuser Europas samt der dazugehörigen Kirche Sankt Nikolaus.

Eine "Kathedrale" wird man den dazugehörigen Haltepunkt kaum nennen können. Aber manchmal ist der Weg vom (Bahn-)Reisen zum Pilgern gar nicht mal so weit. Am römischen Hauptbahnhof Termini schaut jedenfalls ein überlebensgroßer Papst Johannes Paul II. auf das quirlige Treiben zu seinen Füßen. 

 

Zugbetrieb vom Vatikan nach Castel Gandolfo wieder aufgenommen

Erstmals seit über zwei Jahren verkehrt wieder der Zug zwischen dem Vatikan und der Päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo in den Albaner Bergen. Der Fahrbetrieb wurde am Samstag wieder aufgenommen, findet aber auch nur samstags statt. Die ganztägigen Touren werden in zwei Varianten angeboten, teilweise mit und ohne Angebot eines Mittagessens.

Bahnschienen im Vatikan  (shutterstock)

 

Quelle:
KNA