SkF-Geschäftsführerin über Maskenpflicht an Schulen

Eine Gretchenfrage?

Erst Maskenpflicht im Unterricht, dann wieder keine. Nicht immer sind die Corona-Maßnahmen nachvollziehbar und manchmal wirken sie widersprüchlich. Das schadet ihrer Akzeptanz, sagt die Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen.

Schüler im Unterricht / © Harald Oppitz (KNA)
Schüler im Unterricht / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Seit Anfang des Monats ist die Markenpflicht im Unterricht an den weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen aufgehoben. Manche Epidemiologen kritisieren, das sei unverantwortlich. In Bayern tragen die Kinder im Unterricht die Maske vor Mund und Nase. Wie sehen Sie das aus Ihrem sozialen Blickwinkel?

Monika Kleine (Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen / SkF): Zunächst muss man sagen, dass die Gefahrenanalyse schwer ist. Gerade diese Ereignisse rund um Maskenpflicht in Schulen zeigt, dass es inzwischen für die Landesregierung deutlich schwieriger geworden ist, eindeutige Vorgaben zu machen.

Wenn man mal auf die Entwicklung schaut: Zunächst haben sich die Eltern sehr beschwert und auch auf die Widersprüchlichkeit hingewiesen, dass Kinder in der Schule die Maske aufziehen, das aber im Freizeitbereich nicht machen müssen. Jetzt, da die Maskenpflicht in Schulen aufgehoben ist, geht erneut der große Proteststurm los. Das zeigt: Wenn eine Begründung fehlt oder sie nicht eindeutig ist, dann wird es schwierig, Akzeptanz zu erreichen.

DOMRADIO.DE: Wem merken Sie es besonders an, dass er oder sie während der Corona-Krise auf der Strecke bleibt?

Kleine: Ich kann deutlich erkennen, dass Familien, die schon vorher benachteiligt waren, jetzt enorm ins Hintertreffen geraten sind. Wir haben große Mühe, diese Familien so zu unterstützen und auch technisch auszustatten, dass sie auf kommende Homeschooling-Situationen vorbereitet sind. Oft fehlt nicht nur die Ausstattung, sondern auch das Know-how bei den Eltern, um die Kinder entsprechend anzuleiten.

Die Familien, die benachteiligt sind, sind Verlierer in dieser Situation. Aber auch Menschen, die auf der Straße leben, sind Leidtragende, weil sie noch mehr gemieden werden und das Leben auf der Straße für sie schwieriger geworden ist.

DOMRADIO.DE: Wenn sie von Homeschooling sprechen, ist damit nicht ein weiterer Shutdown gemeint, den die Landesregierung eventuell plant, sondern wenn Schülerinnen oder Schüler in Quarantäne müssen, weil sie sich angesteckt haben?

Kleine: Ja, ganz genau. Das ist auch das Fazit aus den jüngsten Ereignissen, dass wir nicht flächendeckend bestimmte Dinge festzurren können, sondern letztlich nur auf Sparten bezogen wie Pflege, Schule oder auf der Straße. Dafür müssen jeweils gesonderte Konzepte und Empfehlungen erarbeiten werden.

DOMRADIO.DE: Sind Sie denn jetzt an einem Punkt, wo Sie im Sozialdienst der Katholischen Frauen wieder vollumfänglich Sozialarbeit leisten können?

Kleine: Wir sind nie, wie man so schön sagt, vom Netz gegangen. Wir haben alle möglichen Ideen und Ansätze gepflegt, um in der Zeit auch selber am Netz bleiben zu können. Bis auf den Straßenstrich, den wir begleiten und der nach wie vor geschlossen ist, sind wir durchgängig mit den Angeboten im Netz geblieben.

DOMRADIO.DE: Sie hatten am Dienstag wieder eine Videoschaltung im Expertenrat mit Armin Laschet. Vermutlich war die allgemeine Grundstimmung ein Thema?

Kleine: Ganz eindeutig. Ich glaube schon, dass es nach wie vor sehr schwer ist zu fassen, was die Menschen in diesem Ausmaß in eine solche Aufgeregtheit bringt. In der Analyse ist zu erkennen, dass wir eben kein einheitliches, kohärentes Bild mehr bekommen, sondern dass wir es aushalten müssen, dass eine sehr diffuse und sehr differenzierte Landschaft entstehen wird, wenn wir auf den Herbst zugehen.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR