Eine geplante Kirchengründung in Kroatien sorgt für Diskussionen

Unorthodoxes Vorgehen

Es sind die Schatten einer dunklen Vergangenheit, die derzeit in Kroatien wieder hervortreten. In dem mehrheitlich katholisch geprägten Balkanstaat möchte sich die Minderheit der orthodoxen Gläubigen neu organisieren - im Rahmen einer eigenen Nationalkirche. Dies hatte es schon einmal gegeben.

Autor/in:
Veronika Wengert
 (DR)

Damals - in den Jahren 1942 bis 1945, zu Zeiten des "Unabhängigen Staats Kroatien", eines Vasallen von Hitlers und Mussolinis Gnaden - lösten sich die orthodoxen Kroaten von der serbisch-orthodoxen Kirche, um den nationalistischen Kurs ihres Landsmanns Ante Pavelic und seines Ustascha-Regimes zu unterstützen. Nicht nur Tausende Juden und Roma, auch Serben fanden unter dessen Herrschaft den Tod im kroatischen Konzentrationslager Jasenovac.

Mit derartigen Exzessen wollen die Initiatoren einer Neugründung freilich nichts zu tun haben. Es gehe lediglich darum, die staatliche Souveränität Kroatiens auch im kirchlichen Bereich zu wahren. In der traditionell eher den politischen Grenzen verhafteten Orthodoxie sind solche Überlegungen keineswegs ungewöhnlich. Zudem wolle man die durch Flucht und Vertreibung entvölkerten Gotteshäuser in Kroatien wieder mit neuem Leben füllen, heißt es. Laut Medienberichten sollen bereits mehrere Priester aus anderen orthodox geprägten Ländern am Mitwirken angemeldet haben.

"Antiserbisch, nationalistisch und im Kern auch anti-orthodox"
Trotzdem stößt das Vorhaben einer kroatisch-orthodoxen Kirche bei vielen auf Kritik - zuallererst natürlich bei der von einer möglichen Abspaltung betroffenen serbisch-orthodoxen Kirche. Der Vorstoß rufe "Unruhe bei den Gläubigen und allen orthodoxen Serben in Kroatien hervor", heißt es in einem offiziellen kirchlichen Schreiben. Die Unterzeichner fahren schwere Geschütze auf. Die Initiative habe einen "offenkundig militanten Charakter" und stehe den Ideen des Ustascha-Regimes nahe. Ähnlich äußert sich die Serbische Volkspartei (SNS) in Kroatien. Sie bezeichnet das Vorhaben als "antiserbisch, nationalistisch und im Kern auch anti-orthodox".

Die katholische Kirche Kroatiens, der mehr als 85 Prozent der Bevölkerung angehört, gibt sich dagegen zugeknöpft. Die Bischofskonferenz könne den Fall nicht kommentieren, sagte deren Sprecher Zvonimir Ancic der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Allgemein gelte, dass die Glaubensfreiheit in der Verfassung verankert und die Zulassung einer Religionsgemeinschaft gesetzlich geregelt sei.

Demnach sind zu deren Registrierung die dauerhafte Anwesenheit von mindestens 500 Mitgliedern nötig und eine Vorlaufzeit von fünf Jahren einzukalkulieren. Im konkreten Fall, so die Unterstützer des Projekts, rechne man allerdings mit einer Registrierung innerhalb eines Jahres, da es sich nicht um eine Neu- sondern um eine Wiederzulassung handele.

Die für die Zulassung zuständige Staatliche Kommission für Glaubensgemeinschaften in der Hauptstadt Zagreb bemüht sich derweil, den Optimismus zu dämpfen: Man werde keine Gemeinschaft fördern, die der Ideologie des untergegangenen Ustascha-Regimes nahestehe, sagt der Kommissions-Vorsitzende Bozo Biskupic. In diesem Jahr will Kroatien die Beitrittsverhandlungen mit der EU abschließen. Und Biskupic weiß, was auf dem Spiel steht, sollten die Schatten der Vergangenheit das Bild des Landes auf der internationalen Bühne verdunkeln: Er ist zugleich kroatischer Kulturminister.