Kroatiens neuer Präsident tritt Mitte Februar sein Amt an

Agnostiker sucht guten Draht zur Kirche

Der neue Präsident des Landes müsse "bewusst katholisch sein", schließlich seien 87 Prozent der 4,4 Millionen Einwohner Kroatiens Katholiken - so hatten Kirchenvertreter im Vorfeld argumentiert. Dies wurde als indirekte Wahlempfehlung für Zagrebs populistischen Bürgermeister Milan Bandic verstanden. Doch die Bürger kümmerte das wenig; sie wählten mehrheitlich den Sozialdemokraten Ivo Josipovic. Einen erklärten Agnostiker.

Autor/in:
Veronika Wengert
 (DR)

Josipovic, der am 18. Februar mit 60 Prozent der Wählerstimmen im Rücken sein Amt als Staatsoberhaupt Kroatiens antritt, hat jedoch keine schlechte Meinung von der Kirche. Im Gegenteil: Er schätze die Rolle der Kirche, die in Kroatien zum Erhalt der nationalen Identität beigetragen habe, versichert Josipovic.

Er ist ein Anhänger des säkularen Staates, auch das ist kein Geheimnis. Doch ein «aggressives Vorgehen beim Entfernen von Glaubenssymbolen» lehne er ab, sagte Josipovic der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Sein Vorgänger Stjepan Mesic hatte zuletzt die Abschaffung von Kruzifixen aus öffentlichen Räumen gefordert - und sich dabei mit einigen Kirchenvertretern überworfen.

Josipovic wird vorsichtiger sein: Es gelte, schrittweise und im Dialog zu erkunden, welche Kriterien einen säkularen Staat überhaupt ausmachten. Auf jeden Fall müssten für alle Glaubensgemeinschaften die gleichen Regeln gelten und religiöse Zeichen dürften nicht so platziert werden, dass sie wie Staatssymbole wirkten.

Die katholische Kirche des Landes formuliert ihre Erwartungen
zurückhaltend: Der neue Präsident solle, so der Sprecher der Kroatischen Bischofskonferenz Zvonimir Ancic, «das Wohl aller Bürger im Auge behalten». Im offiziellen Glückwunschschreiben der Kroatischen Bischofskonferenz geht es auch um Europa: Auf internationalem Parkett solle sich der Staatspräsident «weise und abwägend» verhalten, heißt es. Und mit seinen Entscheidungen solle er dazu beitragen, dass Kroatien der Europäischen Union mit dem Bewusstsein einer eigenen Identität beitrete.

Josipovic steht keine leichte Aufgabe bevor: Während der kommenden fünf Jahre soll er Kroatien in die Europäische Union führen. Das Land rechnet für 2012 mit dem offiziellen Beitritt. Doch zuvor müssen noch Hausaufgaben gemacht werden. Dazu gehört, die allgegenwärtige Korruption im Land einzudämmen. Seit dem überraschenden Rücktritt von Ex-Premier Ivo Sanander von der konservativen Regierungspartei Kroatische Demokratische Gemeinschaft
(HDZ) im Sommer sind zahlreiche Korruptionsaffären auf staatlicher Ebene ans Tageslicht gekommen.

Der neu gewählte Präsident gilt als zurückhaltender, ruhiger Feingeist und Intellektueller, der humanistische und pro-europäische Werte pflegt. Als Jura-Professor lehrt der 52-Jährige an der Universität Zagreb und komponiert klassische Musikstücke. Er lebt mit Frau Tatjana und Tochter Lana in Zagreb. Affären oder Skandale sind nicht bekannt.