Eine eigene Art der Reiselektüre

Stundenbuch

Ein Buch, das einen begleitet, das haben die meisten wohl am ehestens auf dem Weg zur Arbeit, in der Bahn, dabei oder eben in der Urlaubszeit. Das Stundenbuch aber ist dazu gedacht, uns täglich zu begleiten.

 Pariser Stundenbuch um 1430-1440, Die Drei Könige huldigen Christus (KNA)
Pariser Stundenbuch um 1430-1440, Die Drei Könige huldigen Christus / ( KNA )

Das Stundenbuch ist das begleitende oder anleitende Gebet- und Andachtsbuch für das Stundengebet. Dieses Stundengebet ist aber eigentlich eher ein "Tageszeitengebet", weil es gar nicht jede Stunde stattfindet, sondern ursprünglich achtmal am Tag und mittlerweile meistens noch fünfmal am Tag.

Biblischer Auftrag

Diese Gebetszeiten kennen auch die Anglikaner, die Orthodoxen und Evangelischen Christen, weil sie alle aus ein und der selben Quelle kommen: nämlich aus den täglichen Gebetszeiten des Judentums. An dessen religiöser Praxis haben sich die urchristlichen Gemeinschaften angelehnt.

Der Auftrag zum Gebet steht auch so in der Bibel: Psalm 119, Vers 164 besagt: "Ich lobe dich des Tages siebenmal." Die Apostel ermahnen uns in ihren Briefen ebenfalls zu Gebeten. Die Stundenliturgie wurde und wird aber vor allem in den Klöstern praktiziert.

Chance für die Gemeinschaft

Inhalt der Stundengebete sind die 150 Psalmen. Die Mönche der frühchristlichen Zeit haben sie noch täglich gebetet. Der heilige Benedikt von Nursia verteilte sie dann auf die Stundengebete einer Woche. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil der 1960er ist es erlaubt, die 150 Psalmen über einen Zeitraum von vier Wochen zu verteilen. Dazu kommen dann noch Hymnen und Lesungen.

Alle 150 Psalmen kommen aber nicht mehr dran: Fluchtpsalmen werden z.B. nicht mehr gebetet. Da es das offizielle Gebet der katholischen Kirche ist, ist das Stundengebet übrigens unter anderem für Priester, Diakone und die Ordensleute Pflicht, also Kleriker - alle übrigen Gläubigen sollen es aber auch praktizieren. So können sie aktiv das Gebet der Kirche mittragen.

Spiegel der Zeit

Nach der antiken Zeitrechnung ging der Tag von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Somitt konnten die Stunden mal kürzer und mal länger sein – und die Zeiten für die acht Stundengebete wanderten. Später, als die Uhren in das Leben der Menschen Einzug hielten, hat man dann die erste Stunde auf 6 Uhr angesetzt.

Zeiten der Stundengebete heute

Die Vigil findet zwischen Mitternacht und frühem Morgen statt. Seit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils darf 1963 darf man die Vigil sogar ganz verlegen und am Tag nachholen.

Die Laudes sind das Morgengebet, das bei Anbruch des Tages gebetet wird, zwischen 6 und 8 Uhr.

Es folgen Terz, Sext und Non im Abstand von drei Stunden. Kleriker sind heute verpflichtet, davon eine zu beten. Bei vielen Orden ist es heute üblich, sie zusammenzufassen. Man betet sie meistens vor dem Mittagessen ungefähr um 12:00 Uhr und nennt sie Mittagshore.

Die Vesper ist das zentrale Abendgebet. So um 18:00 Uhr

Und die Komplet beendet den Tag in den meisten Klöstern um 20 oder 21 Uhr. Danach setzt das nächtliche Stillschweigen ein. Übrigens: im Mittelalter war schon um 18 Uhr Schlafenszeit für die Mönche

Zwischen Kleinod und App

Der Inhalt der Gebete steht, wie gesagt, im Stundenbuch, das kann man ganz normal über einen Buchladen kaufen und es ist ein echter Reisebegleiter – für jeden Tag.

Adelige und andere hochherrschaftliche Persönlichkeiten hatten früher übrigens überaus reichverzierte Stundenbücher-Unikate. Heutzutage sagenhaft kostbar.

Der moderne Mensch kann sich dagegen eine App für das Stundengebet herunterladen.

 

 

Babette Braun