Theologe unterstützt Ramelow in Nationalhymnen-Debatte

Ein "schreckliches Pathos"

Auf Helgoland schrieb Hoffmann von Fallersleben 1841 das Lied der Deutschen. Seit 1991 ist dessen dritte Strophe die offizielle deutsche Nationalhymne. Schon im Rahmen der Wiedervereinigung hatten Initiativen eine andere Hymne gefordert. 

 (DR)

Der evangelische Theologe und Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer unterstützt den Vorschlag von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) für eine neue Nationalhymne.

Es sei "ein großer Fehler" gewesen, nach der Wiedervereinigung den Vorschlag des Runden Tischs der DDR nicht aufzugreifen, zugunsten von Bertolt Brechts "Kinderhymne" auf beide deutschen Hymnen zu verzichten, sagte Schorlemmer am Donnerstag dem MDR in Halle. Wie Ramelow sei auch er dafür, "dass wir diese Debatte ruhig nochmal anfangen".

"Schreckliches Pathos" der Nationalhymne

Schorlemmer argumentierte, dass drei große Kriege mit dem "schrecklichen Pathos" des Textes von Hoffmann von Fallerslebens "Deutschland, Deutschland über alles..." geführt worden seien.

Deswegen sei es gut, sich Brechts Hymne anzuschauen, die 1949 entstanden sei. Dieses Lied lasse sich sehr gut singen und fasse alles zusammen, worauf sich die Deutschen verständigen könnten.

Schorlemmer kritisierte die Aussage von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), wonach es Wichtigeres gebe, als eine Debatte um die Nationalhymne. "Wichtigeres als das, was in der Hymne von Brecht ausgesprochen wird, gibt es nicht", so Schorlemmer. Diese große pazifizierende Tradition müsse aufgenommen werden, um darin die deutsche Identität zu finden, "die sich nicht wieder über andere erhebt und auch nie wieder Gebietsansprüche stellt".

Ramelow löste neue Debatte aus

Ramelow hatte am Donnerstag in der "Rheinischen Post" erklärt: "Viele Ostdeutsche singen die Hymne nicht mit, und ich würde mir wünschen, dass wir eine wirklich gemeinsame Nationalhymne hätten. Bisher hat dieser Wunsch leider immer nur für empörte Aufregung gesorgt." Er selbst sänge die dritte Strophe der Nationalhymne mit, "aber ich kann das Bild der Naziaufmärsche von 1933 bis 1945 nicht ausblenden".

Seine Äußerungen hatte eine neue Debatte um die Nationalhymne ausgelöst und viel Kritik hervorgerufen.


Friedrich Schorlemmer / © Jan Woitas (dpa)
Friedrich Schorlemmer / © Jan Woitas ( dpa )
Quelle:
KNA