Josef Schuster spürt mehr Aggression durch Corona

Ein Ruf nach Anstand

Die Pandemie hat die Gesellschaft verrohen lassen – dieser Meinung ist der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster. Aggression und Hetze hätten seiner Ansichtnach zugenommen, erklärte er in einem Zeitungsinterview.

Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

Das aggressive Potential gehe ausgerechnet ganz massiv von den Menschen aus, die sich selber als Quer-Denker bezeichneten, sagte Schuster im Interview mit der Augsburger Allgemeinen (Dienstag). Die "immer stärker verbreitete Herabsetzung von Menschen" treffe vor allem Minderheiten: "Juden, Muslime, homosexuelle oder behinderte Menschen, häufig aber auch Frauen." Hass schlage zudem oft "Polizisten, Feuerwehrleuten oder Rettungssanitätern entgegen – ausgerechnet jenen Menschen, die für unsere Sicherheit und Gesundheit den Kopf hinhalten".

Schuster mahnte: "Nachdenken wäre besser als Querdenken." Der Zentralratspräsident forderte: "'Was dir selbst zuwider ist, das tue deinem Nächsten nicht an' - an diese Regel sollten sich alle wieder erinnern." Und weiter: "Für die nahe Zukunft wünsche ich mir etwas, was im ersten Moment altmodisch klingt: Respekt und Anstand."

Josef Schuster

Josef Schuster wurde am 20. März 1954 in der israelischen Hafenstadt Haifa geboren. Er kam als Kleinkind nach Unterfranken, wo seine Familie jahrhundertelang gelebt hatte. Sein Vater David stammte aus Bad Brückenau. 1938 zwangen die Nazis die Familie dazu, Deutschland zu verlassen, 1956 kehrten sie zurück nach Würzburg.

Josef Schuster studierte nach dem Abitur Medizin in Würzburg und ließ sich dort 1988 als Internist mit einer eigenen Praxis nieder, die der zweifache Vater bis 2020 führte. Er ist bis heute hin und wieder als Notarzt tätig.

Josef Schuster / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA
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