DOMRADIO.DE: Heute sind Sie Pfarrer in St. Catharina in Dinklage. Vor einem halben Jahr war der heutige Papst Leo aber noch Ihr Chef in Rom. Wo und wann war das?
Monsignore André Ciszewski (Pfarrer aus Dinklage, ehem. Mitarbeiter im Dikasterium für die Bischöfe): Ich habe 13 Jahre lang im Dikasterium für die Bischöfe gearbeitet. Anderthalb Jahre meiner Zeit dort war der frühere Kardinal Prevost der Präfekt des Dikasteriums.
DOMRADIO.DE: Was war Ihre Aufgabe im Vatikan?
Ciszewski: Die Aufgabe dieser Behörde ist verbunden mit allem, was mit dem Dienst der Bischöfe zu tun hat. Vor allen Dingen die Ernennungsverfahren, aber auch alles, was den Bischof in seinem Dienst begleitet. In der Regel versuchen wir, wenn es zu Schwierigkeiten kommt, dem Papst so zuzuarbeiten und zu beraten, dass er gute Entscheidungen treffen kann.
DOMRADIO.DE: Was haben Sie gedacht, als Kardinal Prevost plötzlich nach dem "Habemus Papam" auf der Loggia des Petersdoms erschienen ist?
Ciszewski: Ich war im ersten Moment sprachlos. Ich war wirklich sehr überrascht und hatte nicht damit gerechnet, auch wenn der Name das eine oder andere Mal durchaus gefallen ist. Dann habe ich mich natürlich riesig gefreut.
Es ist bewegend, ihn bei seinen ersten Schritten in diesem hohen Amt zu sehen und zu hören. Man hat fast den Eindruck, er hätte nie etwas anderes gemacht. Ich finde, es wirkt alles sehr natürlich und passend.
DOMRADIO.DE: Welches Talent und welche Fähigkeiten zeichnen ihn besonders aus?
Ciszewski: Er kann wirklich sehr gut zuhören und damit ist auch die Fähigkeit verbunden, Menschen zusammenzuführen. Auch in schwierigen Situationen, wenn viele Informationen auf dem Tisch liegen und man zu einer Entscheidung kommen muss, kann er eine Synthese herstellen. Das habe ich beobachtet und immer sehr bewundert, das ist wirklich eine Gabe. Das wird ihm und uns allen nun sehr zugutekommen.
DOMRADIO.DE: Sie haben Kardinal Prevost im Vatikan als Chef erlebt, jetzt ist er als Papst Leo XIV. quasi der Chef aller Katholikinnen und Katholiken. Was denken Sie, wie er die Kirche führen, welche Schritte er gehen wird?
Ciszewski: Mich hat sehr beeindruckt, dass er uns alle bereits im allerersten Moment auf der Loggia mit dem Friedensgruß des Auferstandenen ins Zentrum geführt hat. Und das ist zunächst einmal sein Dienst.
Der Ablauf der Amtseinführung sieht vor, dass er als erstes im Petersdom die Stufen der Confessio heruntersteigt, um am Grab des Apostels Petrus zu beten. Er verbindet uns so mit den Ursprüngen und das bedeutet, dass er uns mit Jesus Christus verbindet. Es ist sein Dienst, Zeuge der Auferstehung zu sein. Das hat er vom ersten Moment an getan.
Insofern glaube ich, er wird uns in die Mitte führen und ein Papst sein, der Einheit und Frieden stiftet. Frieden ist ein wichtiges Programm für ihn, das ist bereits deutlich geworden. Auch in seiner Ansprache an das Diplomatische Korps. Ich glaube, er wird ein Friedenspapst sein – hoffentlich für die ganze Welt, aber auch innerkirchlich.
DOMRADIO.DE: Wie haben Sie das Miteinander in Rom auf persönlicher Ebene empfunden? Haben Sie auch über Tennis und Sport geredet?
Ciszewski: Über Sport hat er sehr gerne geredet, aber weniger über Tennis als über Fußball. Es gab täglich eine kleine Pause, mit dem Gebet des Angelus und einem Espresso oder Tee, und dann ist man miteinander ins Gespräch gekommen.
Mit ihm ging das wirklich unkompliziert und unmittelbar. Und dabei ging es dann oft um die Fußballergebnisse oder andere Dinge. Er ist jemand, der sehr herzhaft lachen kann, wenn es angebracht ist.
Das Interview führte Carsten Döpp.