"Eckiger Tisch"-Sprecher Katsch kritisiert Zollitsch scharf

"Er hat das Recht gebeugt"

Der Sprecher des Eckigen Tisches, Matthias Katsch, wirft dem früheren Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch schwere Vergehen im Umgang mit Missbrauch vor. Am Dienstag war eine Studie aus dem Erzbistum Freiburg vorgestellt worden.

Matthias Katsch, Sprecher der Initiative Eckiger Tisch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Matthias Katsch, Sprecher der Initiative Eckiger Tisch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Mit hoher krimineller Energie habe er über Jahrzehnte Verbrechen seiner Priester an Hunderten Kindern und Jugendlichen vertuscht und vor der Justiz verborgen gehalten, sagte Katsch auf Anfrage.

"Er habe das Recht gebeugt, das weltliche und das kirchliche. Er hat gelogen. Aber er wird dafür nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden können. Ein Schwarzer Tag für den Rechtsstaat", so Katsch.

Gutachter werfen Zollitsch Versagen vor

Am Dienstag war eine Studie aus dem Erzbistum Freiburg vorgestellt worden. Dafür hatten unabhängige Fachleute, darunter Juristen und Kriminologen, beispielhaft 24 entsprechende Fälle von 1945 bis in die Gegenwart untersucht.

Robert Zollitsch, emeritierter Erzbischof von Freiburg / © Harald Oppitz (KNA)
Robert Zollitsch, emeritierter Erzbischof von Freiburg / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Gutachter werfen vor allem Zollitsch, von 2008 bis 2014 auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, schweres Versagen und gravierende Rechtsverstöße im Umgang mit Missbrauch vor. Das Erzbistum Freiburg, mit rund 1,8 Millionen Katholiken eines der größten in Deutschland, leitete er von 2003 bis 2014. Zuvor war er seit 1983 Personalreferent.

Das Gutachten lege eine Mitverantwortung von Vertuschern und Täterschützern an der Spitze des Bistums schonungslos offen, so Katsch weiter. Zollitsch sei der erste deutsche Bischof gewesen, der sich im Februar 2010 bei den Opfern entschuldigt habe. "Heute wissen wir: Er tat dies nicht stellvertretend, er war selbst schuldig", so Katsch. Seine selbstgerechte Empörung über die Mahnung der damaligen Bundesjustizministerin, auch die Kirche müsse sich an Recht und Gesetz halten, sei heute entlarvt worden. 

Eckiger Tisch

Eckiger Tisch ist ein gemeinnütziger Verein, der die Interessen von Betroffenen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen speziell im Kontext der Katholischen Kirche vertritt. Im Rahmen unserer Möglichkeiten beraten und unterstützen wir Betroffene. Wir stellen Öffentlichkeit her und versuchen auf Politik, Kirche und Gesellschaft einzuwirken, damit alles getan wird zur Überwindung von sexuellem Kindesmissbrauch durch Kleriker.

Leere Stühle in einer Kirche / © MASSIMILIANO PAPADIA (shutterstock)
Leere Stühle in einer Kirche / © MASSIMILIANO PAPADIA ( shutterstock )

Zugleich betonte Katsch, aus Sicht von Betroffenen komme die konkrete Aufklärung von Verbrechen zu kurz. Die Kommission habe keinerlei Befugnisse gehabt, um einzelne Fälle aufzuklären und öffentlich zu machen. Man habe sich am Ende auch nicht getraut, sich mit einer Veröffentlichung der Namen von Tätern und Beschuldigten über äußerungsrechtliche Bedenken hinwegzusetzen. Katsch erneuerte seine Forderung nach einer staatlichen Untersuchung.

Der Verein Eckiger Tisch versteht sich als Interessenvertretung von Betroffenen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen, vor allem im Kontext der katholischen Kirche.

Missbrauchsstudie im Erzbistum Freiburg

Die Untersuchung zu sexualisierter Gewalt und Verschleierung von Missbrauchstaten im Erzbistum Freiburg sieht bei den früheren Erzbischöfen Robert Zollitsch und Oskar Saier schweres Fehlverhalten und gravierende Rechtsverstöße im Umgang mit Straftaten durch Priester. Der Schutz der Institution Kirche und der Täter habe über allem gestanden, sagte Studienautor Eugen Endress bei der Vorstellung des 600-Seiten-Berichts. Für Betroffene und Angehörige habe es keine Hilfen gegeben: "Sie wurden allein gelassen."

Vorstellung der GE-Kommission zu sexuellem Missbrauch in Freiburg / © Andree Kaiser (KNA)
Vorstellung der GE-Kommission zu sexuellem Missbrauch in Freiburg / © Andree Kaiser ( KNA )
Quelle:
KNA