Durchs Rheinland und Rheinland-Pfalz ziehen die Rosenmontagszüge

"Alaaf" und "Helau"

Auf Petrus haben sich die Karnevalisten im Rheinland noch immer verlassen können. Pünktlich zu Beginn der Rosenmontagszüge verzogen sich zumindest in den Narrenhochburgen Köln und Düsseldorf die Schneewolken und gelegentlich ließ sich sogar die Sonne blicken. Von eisigen Temperaturen ließen sich die Jecken nicht die Laune verderben und feierten ausgelassen auf den Straßen. Und auch nicht von dem U-Bahn-Bausakandal in Köln.

 (DR)

Unter «Alaaf»-Rufen säumten in Köln Hunderttausende Kostümierte die Strecke des Rosenmontagszugs, der in diesem Jahr wegen des Einsturzes des Stadtarchivs eine etwas geänderte Route nehmen musste. Das Unglück und der möglicherweise damit zusammenhängende Pfusch beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn war eines der Themen des Umzugs, der politischer und pointierter als in den Vorjahren war. Nachdem bekanntgeworden war, dass an der U-Bahn-Baustelle Heumarkt über 80 Prozent der vorgesehenen Sicherungseisen nicht eingebaut worden waren, wurde dieses Thema gleich noch auf einem der Mottowagen aufgegriffen.

Obwohl zuletzt weitere Details über Bauschlamperei an dem unterirdischen Großprojekt bekanntgeworden waren, hatte die Stadtspitze die Rosenmontagsroute für unbedenklich erklärt. Auch die Jecken, die nahe der offenbar besonders mängelbehafteten Baustelle am Heumarkt feierten, blieben jedenfalls gelassen. Ein Pirat zitierte ungerührt das «kölsche Grundgesetz»: «Et hätt noch immer jot jejange - Es ist noch immer gut gegangen».

Seine Begleiterin, eine «Motorradbraut», sagte: «Man kann ja auch im Schlafzimmer vom Bett erschlagen werden. Da mache ich mir keinen Kopp - schon gar nicht am Rosenmontag.» Ein anderer Jeck, der sich passend zu seinem Kostüm als «Homer Simpson» mit reichlich Dosenbier eingedeckt hatte, wunderte sich nicht: «Dat is Kölle! Mal ehrlich, wer hat denn ernsthaft geglaubt, dass beim U-Bahn-Bau nicht geklüngelt würde?

Prominenz an Bord
Allerlei Prominenz wie Comedian Dirk Bach, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und Regisseur Sönke Wortmann fuhren im Kölner Rosenmontagszug mit. An der Strecke wartete der mit einer «Pappnas» versehene BAP-Sänger Wolfgang Niedecken. Der studierte Maler, der bislang als Kritiker des organisierten kölschen Karnevals galt, hat zwei Motivwagen gestaltet, die sich mit der Armut in Afrika befassen.

Auf einem weiteren Wagen versank Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi förmlich in einem Meer von Brüsten, während auf einem anderen Motiv - in Anspielung auf das Schweizer Minarettverbot - die Muslime mit Alphörnern vertrieben wurden. Ein Umzugsgespann zeigte gierige Bankmanager als wiederkehrende Zombies, während ein anderes Festmotiv den deutschen Fußball im Bestechungssumpf versinken sah.

"Jeck we can" in Düsseldorf
Wagen mit frechen Motiven waren auch beim Düsseldorfer Rosenmontagszug zu sehen. «Jeck we can» lautete das Motto der Karnevalisten in der Landeshauptstadt, die etwa US-Präsident Barack Obama ins Visier nahmen: Auf einem Wagen war der einst als «Friedensengel» verspottete amerikanische Regierungschef als «gefallener Engel» nachgebildet, der mit seinem Kopf unsanft auf dem Boden der Realität aufschlägt.

Unter zahlreichen «Helau!»-Rufen zogen auch viele Wagen mit aktuellen innenpolitischen Themen durch die Straßen vor das Düsseldorfer Rathaus, das reichlich mit bunten Luftballons und Girlanden geschmückt war. «Der Sündenfall» hieß etwa das Motiv eines Wagens, auf dem eine nackte Kanzlerin zu sehen war: Eine Angela-Merkel-Figur reckt sich einer «Steuerflucht-CD» entgegen, die ihr eine Schlange reicht. Auch SPD-Parteichef Sigmar Gabriel bekam beim Düsseldorfer Rosenmontagszug sein Fett weg: Sein Bildnis ritt mit dem Hinweisschild «Attacke» ein leblos wirkendes rotes Pferd aus Pappmaché.

Mit den traditionellen Rosenmontagszügen hat die «Fünfte Jahreszeit» am Montag auch in vielen Städten in Rheinland-Pfalz ihren Höhepunkt erreicht. Trotz Schnee und eisiger Temperaturen feierten bei den größten Umzügen in Mainz, Koblenz und Trier Hunderttausende Narren am Straßenrand. Allein in Mainz waren nach Polizeiangaben rund 400 000 Menschen auf den Straßen. Im Vergleich zu den Vorjahren waren das allerdings etwa 100 000 weniger als sonst.