Piusbrüder legen sich nun auch mit den Karnevalisten an

Wissen sie nicht, was sie tun?

Karnevalsgottesdienste verstoßen nach Ansicht der Piusbruderschaft gegen Tradition und Gesetz der katholischen Kirche. Was an den tollen Tagen in den Kirchen geschehe, richte sich "nicht nur gegen die Heiligkeit eines geweihten Kirchenraumes, sondern gegen jedes katholische Verständnis des Messopfers", heißt in einer Erklärung vom Freitag. Die Bischöfe sollten "dem unwürdigen Spektakel" unverzüglich Einhalt gebieten. In Köln, wo Kirche und Karneval zusammengehören, gibt es für diese Fragen spezielle Leitlinien des Erzbistums.

 (DR)

Das Erzbistum stellt zu diesem Thema Folgendes fest: "Liturgie und Leben sind eng miteinander verknüpft. Daher spielt Brauchtum und Mundart auch in der Messfeier traditionell eine Rolle - nicht nur zur Karnevalszeit. Wie beides gut zusammengehen kann (und nicht auf Kosten des jeweils anderen), legt eine spezielle Handreichung dar.

Piusbruderschaft: Was würde Jesus sagen?
In der Erklärung der Pius-Bruderschaft heißt es, Priester in Kostümierung seien an den Karnevalstagen ebenso an der Tagesordnung wie Katholiken, die mit Narrenmützen in den Kirchen Polonaise tanzten. Derartige Gottesdienste widersprächen dem Kirchengesetz und der Tradition der römisch-katholischen Kirche.

Ferner wird an die katholischen Bischöfe in Deutschland appelliert, diesen "Missbrauch katholischer Kirchen" zu stoppen. Was würde Jesus, so wird in der Erklärung gefragt, zu diesen Missbräuchen der heiligsten Orte sagen? Und weiter: "Es ist mit Sicherheit gegen die Intention der Konzilsväter, dass seit den 70er Jahren geradezu eine Kultur der Willkür und der Banalität in die heilige, gottesdienstliche Handlung Einzug gehalten hat", kritisiert Matthias Gaudron von der Pius-Bruderschaft. Theater- und Unterhaltungseinlagen hätten das Opfer Christi am Kreuz verdrängt.

In Köln schöne Tradition: Glaubens- und Lebensfreude
Am Vorabend der Proklamation des Kölner Dreigestirns wird in Köln, der Hochburg des rheinischen Karnevals, ein Gottesdienst im Hohen Dom zu Köln gefeiert. Dieser Gottesdienst, ein Pontifikalamt, wird durch den Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner zelebriert. Die Verbundenheit zwischen Karneval und Kirche zeigt sich außerdem in nahezu jeder der einzelnen Karnevalsgesellschaften:Kaum eines der bekannten Traditionskorps verzichtet auf eigene Gottesdienste, die entweder zum Gedenken der Verstorbenen oder zum Auftakt der Session abgehalten werden. Zudem gibt es viele Karnevalsgesellschaften, die auf einen Geistlichen in den eigenen Reihen nicht verzichten wollen. Diese Geistlichen tragen innerhalb der Gesellschaften ganz unterschiedliche Bezeichnungen und gestalten eigene Gottesdienste mit den Karnevalisten.

In seiner Predigt verglich der Kölner Erzbischof in diesem Januar die Vielfalt der Karnevalsgesellschaften in Köln mit dem Geläut des Doms. "Gott sei Dank haben wir nicht nur eine einzige Karnevalsgesellschaft, sondern ganz viele, die unterschiedliche Farben, unterschiedliche Uniformen und Gebräuche haben", so der Kardinal. Keine solle sich über die andere erheben. Aber wenn eine ausfalle, dann fehle etwas an der Harmonie.

Nicht alle könnten der "Decke Pitter", die Pretiosa oder die Speciosa sein, so Meisner in Anspielung auf die berühmtesten Glocken des Doms. "Die Schönheit und Harmonie kommt erst dadurch zustande, dass jede Glocke das ist, was sie ist und die Töne hergibt, die ihr eingegossen sind." So sei das auch mit der Schönheit und Faszination des Kölner Karnevals. Nachdem Meisner den Jecken eine gute Session gewünscht hatte, erklangen für drei Minuten die Glocken des Doms.

Pfarrsitzungen und Domsitzung
Zahlreiche Künstler im Karneval haben erste Erfahrungen in Pfarrsälen und bei sogenannten "Pfarrsitzungen" gesammelt. Weit mehr als 100 Pfarrsitzungen zählt man in Köln und sicher eben so viele Gottesdienste, die den karnevalistischen Bezug herstellen. So mancher Priester predigt in der Session mit Pappnase - wer kann, auch in der "kölschen Sprooch". Denn diese Sprache ist tief aus dem Herzen der Kölner gewachsen und somit gehen solche Botschaften besonders unter die Haut und ans rheinische
Herz. In die karnevalistische "Mess op Kölsch" geht der Jeck sogar bunt kostümiert. So gekleidet besucht er natürlich auch die so genannte Domsitzung, eine Karnevalsveranstaltung, bei der sich viele Geistliche und Verantwortliche der Kirche treffen und die kulturellen Werte des Karnevals pflegen.

Als traditionsreicher Termin des Kölner Dreigestirns gilt mittlerweile der Besuch beim Erzbischof. Zahlreiche Benefizveranstaltungen, die durch das Festkomitee und das Kölner Dreigestirn unterstützt werden, gibt es in Köln. Bei einem dieser Termine lässt es sich Erzbischof Joachim Kardinal Meisner nicht nehmen, in Begleitung von Oberbürgermeister und Festkomitee-Präsident als Schirmherren, mit dem Klingelbeutel für eine gute Sache durch die Besucherreihen zu gehen. Dass vergleichbares Engagement auch in der Evangelischen Kirche zu finden ist, versteht sich von selbst. Auch der
Besuch des Kölner Dreigestirns beim Stadtsuperintendenten gehört zu den beliebten Terminen eines jeden Trifoliums. Die karnevalistischen Traditionen um die "Schwarze Muttergottes" in der Kirche St. Maria in der Kupfergasse reichen weit zurück. Traditionen werden auch hier gelebt, wenn das Kölner Dreigestirn an einem genau festgelegten Tag eine Kerze aufstellt, um damit Gottes Segen für den Rosenmontagszug zu erbitten.