Drei Fragen zum Ramadan-Ende an den Theologen Werner Höbsch

"Das Fasten ist Ausdruck innerer Spiritualität"

Mit dem Fest des Fastenbrechens endet für rund 1,6 Milliarden Muslime weltweit am Wochenende die 30-tägige Fastenzeit. Werner Höbsch, Leiter des Referats für den Interreligiösen Dialog im Erzbistum Köln, im Interview mit domradio.de über Bedeutung und Hintergrund der Feier.

 (DR)

domradio.de: Ab Samstagabend darf wieder gegessen werden, das eigentliche Ende des Ramadan ist aber erst am Sonntag?

Höbsch: Es darf jeden Abend gegessen werden. Der Ramadan zeichnet sich im Unterschied zur christlichen Fastenzeit dadurch aus, dass die Muslime keine Nahrung von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang aufnehmen. Und jeden Abend im Ramadan ist ein Fastenbrechen. Man versammelt sich im Kreis der Familie, oft mit Freunden, und kann wieder Nahrung aufnehmen. Und am Sonntag endet der Ramadan, dann beginnt das große Fest des Fastenbrechens. Ein Freudenfest, ein Fest der Dankbarkeit, bei dem die Muslime die Moschee besuchen und beten - aber sich insbesondere mit Familie und Freunden versammeln.



domradio.de: Ramadan heißt ja nicht nur Verzicht auf Essen. Was heißt die Fastenzeit für die Muslime denn noch darüber hinaus?  

Höbsch: Ramadan hat eine viel breitere Bedeutung. Sein eigentliches Ziel ist es, durch das Fasten und das Gebet Gott näher zu kommen. Das steht im Zentrum. Zum Zweiten ist der Aspekt der Gemeinschaft ganz wichtig, dass deutlich wird: Wir als muslimische Gemeinschaft fasten in diesem Monat gemeinsam. Hinzu kommt die Aspekte der Gastfreundschaft, der Dankbarkeit und der Allmacht, die gefeiert wird. In der Nacht der Allmacht wird daran erinnert, dass Gott den Koran herabgesandt hat. Das Fasten ist der Ausdruck einer inneren Spiritualität.



domradio.de: Der evangelische Bischof Dr. Markus Dröge und der katholische Erzbischof Dr. Rainer Maria Woelki haben den Berliner Moscheegemeinden und muslimischen Verbänden zum Ende des Ramadan ihre Segenswünsche übermittelt. Darin heißt es unter anderem: "Die Grundhaltung der Offenheit für Gott und den Nächsten befähigt uns, gemeinsam für Versöhnung und Frieden einzutreten und zu arbeiten, um Vorurteile, Ängste und Spannungen zu überwinden." Wo stehen wir denn da bei der Überwindung von Vorurteilen, Ängsten und Spannungen?

Höbsch: Da sind wir auf einem guten Weg. Natürlich gibt es immer wieder Konflikte, die im Namen der Religionen ausgeführt werden. Aber gerade der Ramadan und die christliche Fastenzeit dienen der Besinnung auf den Gott, der den Frieden will. Gerade im Ramadan will man gemeinsam Gewalt und Hass überwinden - und sich auf einen Weg des Friedens begeben.



Das Gespräch führte Matthias Friebe.