SPD-Fraktionschef Steinmeier will Niere spenden

Eine noble Geste

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat angekündigt, er wolle sich für "einige Wochen" aus der Politik zurückziehen, um seiner kranken Frau eine Niere zu spenden. Steinmeiers Ankündigung löste im Berliner Politikbetrieb Betroffenheit und Anerkennung aus. Denn die Zahl der Spender in Deutschland stagniert seit Jahren.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Elke Büdenbender leidet seit Wochen an einer fortgeschrittenen Nierenerkrankung, die sich zuspitzt. Wegen der langen Wartezeiten für Spendernieren habe sich die Familie zu einer Lebendspende entschieden. Nach Franz Müntefering (SPD), der im November 2007 überraschend von seinem Amt als Vizekanzler und Bundesarbeitsminister zurücktrat, um seine krebskranke Frau zu pflegen, ist Steinmeier damit der zweite führende SPD-Politiker innerhalb weniger Jahre, der aus familiären Gründen eine Auszeit von der Politik nimmt.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle richteten Genesungswünsche aus. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sprach von vorbildlichem Verhalten. Damit trage Steinmeier auch dazu bei, das Thema Organspende stärker in die Gesellschaft zu tragen.

Spendenbereitschaft gering
Schon Steinmeiers Verweis auf die langen Wartezeiten für Spendernieren zeigt, dass es um die Spendenbereitschaft nicht besonders gut bestellt ist. 2009 beispielsweise spendeten bundesweit 1.217 Menschen nach ihrem Tod ihre Organe. Das waren 19 mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig ging die Anzahl der gespendeten Organe um 48 zurück, so dass für die Patienten auf der Warteliste aus Deutschland 3.897 Organe zur Verfügung gestellt werden konnten. Rund 12.000 Menschen stehen auf dieser Warteliste, die meisten warten auf eine Niere. Jeden Tag sterben drei Menschen, weil sich kein geeignetes Organ für sie fand.

Im europäischen Bereich ist Deutschland mit 14,9 Spendern pro eine Million Einwohner nicht mal Mittelmaß. Der Weltmeister heißt - wie beim Fußball - Spanien, das auf 34,2 Spender kommt. "Es gibt viel zu wenig Organspender, dabei können wir das alle gemeinsam leicht ändern, indem wir einen Spenderausweis ausfüllen", appelliert Rösler an die Bundesbürger. Zwar befürworten etwa 80 Prozent die Organspende, dennoch haben nur 17 Prozent einen Spendeausweis ausgefüllt.

Vorbild Spanien
Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO), die für die Koordination der Organspende zuständig ist, will auch an einem anderen Punkt ansetzen: Sie kämpft darum, die Krankenhäuser zu einer besseren Zusammenarbeit zu gewinnen. Nach spanischem Vorbild. Denn auf der iberischen Halbinsel genießt die Organspende ein hohes Ansehen. Dort wurden viele Ärzte speziell für Transplantationen geschult und ein dichtes Netz von Koordinatoren in den Hospitälern aufgebaut. Auch die DSO will deshalb die Kliniken dazu bringen, potenzielle Spender zu melden. Zudem sollen Transplantationsbeauftragten der Koordinierungsstelle quartalsweise über die Situation in ihrer Einrichtung berichten.

Bei der Lebendspende, wie Steinmeier sie jetzt durchführen will, gibt es allerdings ganz eigene Probleme: 2009 wurden 600 Transplantationen nach Lebendspende durchgeführt - ein leichter Anstieg gegenüber den Vorjahren. Doch bislang ist die Lebendspende nur bei Verwandten, Ehepartnern und nahe stehenden Personen erlaubt. Damit soll der Organhandel verhindert werden. Problematisch ist auch die Absicherung des Spenders: Der Vorsitzende der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer (BÄK), Hans Lilie, sagte im vergangenen Jahr, zwar habe sich gezeigt, dass Schädigungen von Spendern die Ausnahme blieben. Doch im Fall von Folgeerkrankungen hätten die Spender bislang die Beweislast bei den Krankenkassen. "Und dieser Beweis ist faktisch nicht zu führen."