Diskussion um Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz gehen weiter

Reform nicht "durchpeitschen"

Die Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz will das modernste Bestattungsrecht in Deutschland schaffen. Doch das Vorhaben stößt unter anderem auch auf kirchlichen Widerspruch. Es droht im Herbst zum Wahlkampfthema zu werden.

Autor/in:
Matthias Jöran Berntsen
Eine Frau legt ein Rose auf einen Sarg / © Yuri A (shutterstock)
Eine Frau legt ein Rose auf einen Sarg / © Yuri A ( shutterstock )

Der letzte Abschied von geliebten Menschen ist meist ein hochemotionaler Prozess. Die gesetzlichen Regeln für Bestattungen sollen in Rheinland-Pfalz umfassend liberalisiert werden. 

Die CDU warnt die Ampel-Regierung des Landes davor, die angestrebte Reform "durchzupeitschen". Es gebe derzeit "keine Not, das Bestattungsgesetz vor der Landtagswahl" zu beschließen, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christoph Gensch. 

Nach der Sommerpause beginnt die heiße Wahlkampfphase. Laut Landesregierung soll das neue Bestattungsrecht das modernste in Deutschland werden. Würde und Pietät stünden vor Schnelligkeit der Reform des Bestattungsrechts, betonte die CDU auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

"Nicht in jedem Bereich brauchen wir das 'modernste'", entgegnete Gensch. Mit einer Abschaffung der Friedhofspflicht würde die Landesregierung mittelfristig die Friedhöfe selbst abschaffen. Der Gesetzesentwurf sei nicht der allergrößte Wurf, wie der "große Aufschrei fast aller betroffenen Verbände und Institutionen, nicht zuletzt der Kirchen" zeige.

Bestattungen in Rhein und Mosel

Mit den geplanten Regeln soll es unter anderem möglich sein, auch Flussbestattungen in Rhein und Mosel anzubieten und aus der Asche Verstorbener Schmuck zu machen. Mitte Juni äußerten sich Experten des Bistums Trier skeptisch über die politische Eile. Die Reform ein Jahr zu verschieben, könne Zeit geben, um noch einmal unterschiedliche gesellschaftliche Positionen abzuwägen, sagte Bistumsreferent Stefan Nober der katholischen Wochenzeitung "Paulinus".

Inhaltlich gebe es durchaus Verbesserungen. So begrüßte er Änderungen für Sternenkinder. das sind Kinder, die vor, während oder unmittelbar nach der Geburt gestorben sind. Ähnlich klingt es aus dem Bistum Mainz. Die bisherigen Fristen des Gesetzgebungsverfahrens ließen eine "breite, öffentliche Meinungsbildung nicht wirklich zu", teilte die Bevollmächtigte des Mainzer Generalvikars, Stephanie Rieth, mit. 

"Die langfristige Beteiligung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen an einem solchen Wandel wäre eine wichtige Voraussetzung für eine möglichst große Akzeptanz eines solchen Gesetzes."

Zustimmung und Kritik am Vorhaben

Grundsätzlich sei das Bemühen um ein zeitgemäßes Bestattungsgesetz begrüßenswert. Das neue Bestattungsgesetz sei "ein Antwortversuch auf geänderte Bedürfnisse der Menschen; allerdings bleiben Anfragen an diverse Bestattungsformen bestehen." Rieth warnte davor, den Friedhof als öffentlich zugänglichen Trauerort zu schwächen. Auch könnten sich ärmere Menschen gezwungen sehen, aus Kostengründen anonyme Formen der Bestattung zu wählen.

"Mehr Zeit würde helfen, um die zahlreichen noch offenen Fragen zu klären und so den Gesetzestext zu präzisieren", erklärte auch die Pressestelle des Bistums Speyer auf Anfrage mit Verweis auf eine katholische Arbeitsgruppe, die sich mit dem Vorhaben befasst. "Im neuen Bestattungsgesetz erhalten die sich verändernden und zum Teil erschwerten Trauermöglichkeiten kaum Beachtung."

Menschen, die mit dem Tod "verschwinden"

Das gemeinsame Gedenken verliere durch die Reform an Bedeutung, da Personen nach dem Tod einfach "verschwinden" könnten. Zudem sei die Totenruhe nicht mehr nachvollziehbar gesichert. Auf Zustimmung trifft die Erweiterung der Bestattung von Sternenkindern oder die Beisetzung in anderen Ortsgemeinden, wenn dort Angehörige wohnen.

Der Beauftragte der evangelischen Kirchen, Kirchenrat Wolfgang Schumacher, bezeichnete auf Anfrage der KNA die Reform des Gesetzes als notwendig und verwies auf Neuregelungen zu Ehrengräbern, Sternenkindern und Tuchbestattungen. "Unser Hauptkritikpunkt besteht in der Absicht des Gesetzentwurfs, zentrale Teile der Friedhofs- und Bestattungspflicht aufzuheben."

Sittliches Empfinden der Allgemeinheit

Alle neuen Bestattungsformen hätten immanent die Problematik, dass es dann keinen öffentlich zugänglichen Ort für Trauer und Gedenken mehr gäbe. "Der Entwurf verabschiedet sich von der Totenfürsorge als Gemeinschaftsaufgabe", bilanzierte Schumacher.

Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) beschrieb im Mai im Landtag das Ziel der Reform. Es gelte, "die Würde der verstorbenen Person und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit mit dem Willen der Verstorbenen zu vereinen." Kern der Novelle seien deshalb zusätzliche, neue Bestattungsformen. Es bleibe jedoch beim Regelfall, dass der Friedhof gemeinsamer Ort der Trauer sein könne.

Bestattungen in Deutschland

Es gibt zu den Bestattungsarten in Deutschland keine repräsentative Statistiken und Umfragen. Nach vorsichtigen Schätzungen des Bundesverbands Deutscher Bestatter liegt der Anteil von Feuerbestattungen bei etwa 58 Prozent im Jahr. Besonders nachgefragt sind Feuerbestattungen in Nord- und Ostdeutschland, aber auch in den eher katholisch geprägten Regionen nimmt der Trend zur Urne zu. Einzelne Bestatter in Norddeutschland berichten in ihrem Einzugsgebiet von einem Anteil der Feuerbestattung von über 80 Prozent. (DR/dpa)

Symbolbild: Schneebedeckter Grabstein auf einem Friedhof / © Adam J Hague (shutterstock)
Symbolbild: Schneebedeckter Grabstein auf einem Friedhof / © Adam J Hague ( shutterstock )

 

Quelle:
KNA