Diebstahl des "Arbeit macht frei" Schriftzuges im ehemaligen KZ Auschwitz

Weltweite Empörung

Skandal im ehemaligen NS-Konzentrationslager Auschwitz: Unbekannte haben in der Nacht zum Freitag den Schriftzug "Arbeit macht frei" des Eingangstores gestohlen. Politiker und Religionsvertreter in Israel, Polen und anderen Ländern verurteilten die Tat.

 (DR)

Polens Staatspräsident Lech Kaczynski zeigt sich schockiert und empört. Es sei ein «in der ganzen Welt bekanntes Symbol des Zynismus und der Grausamkeit der Nazi-Täter und des Martyriums ihrer Opfer» gestohlen worden.
  
Der Sprecher der KZ-Gedenkstätte Jaroslaw Mensfelt sprach im polnischen Fernsehen von einem «schändlichen Akt». Die Diebe hätten wahrscheinlich den Zeitplan der Sicherheits-Patrouillen gekannt. Man habe eine Kopie des Schriftzugs an dem Tor angebracht, die schon 2006 während Restaurierungsarbeiten verwandt worden sei.

Die deutsche Bundesregierung äußerte sich wesentlich zurückhaltender: "Wir hoffen, dass die Tat schnell aufgeklärt und der entstandene Schaden der Gedenkstätte behoben werden kann", sagte der Vizesprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Peschke.

Dieter Graumann, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, bezeichnete die Tat als "geschmacklos und schockierend". Der Diebstahl sei für alle Überlebenden und Nachkommen von Überlebenden des Holocausts "ein großer Schmerz". Er gehe davon aus, dass die zuständigen Behörden in Polen die Täter schnell fassten und dafür sorgten, "dass so etwas in Zukunft nicht mehr passiert".

"Kranke Witzbolde"
Der polnische Oberrabbiner Michael Schudrich bezeichnete die Tat als Schändung eines immens wichtigen Denkmals. «Wenn das Witzbolde waren, dann kranke Witzbolde - oder jemand mit einem politischen Hintergrund».

Europaparlamentspräsident Jerzy Buzek appellierte an die Täter, den Schriftzug aus Respekt vor den Opfern zurückzugeben. Auschwitz sei der größte Friedhof der Menschheit. Das Andenken der Toten sei durch den Diebstahl entweiht worden, so der polnische Politiker am Freitag in Brüssel.

Der Leiter der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem, Avner Schalev, sagte, er sei schockiert über eine solche «Attacke gegen die Erinnerung an den Holocaust. Zwar seien die Hintergründe noch nicht geklärt, doch offensichtlich handele es sich um einen "Ausbruch jener Elemente, die uns zu dunkleren Tagen zurückkehren"
lassen wollten.

"Abschreckendes Zeugnis"
Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums erklärte, die Regierung sei «erstaunt und erbost». Das Schild sei ein abschreckendes Zeugnis der grauenhaften Verbrechen, die in dem Lager begangen wurden, zitiert die Zeitung «Haaretz» den Sprecher.

Israels Diaspora-Minister Juli Edelstein sprach laut Zeitung «Jerusalem Post» von einem «kritischen Versagen der polnischen Polizei». Die Tat falle in eine Zeit, in der antisemitische Handlungen zunähmen; es gebe begründete Sorge um die Sicherheit von Juden in der Diaspora.

Die vier Meter lange Metalltafel über dem Tor wurde laut Polizeiangaben gegen drei Uhr auf der einen Seite abgeschraubt und auf der anderen Seite abgerissen. Für Hinweise auf die Täter wurde eine Belohung von 1.200 Euro ausgesetzt. Polizeisprecher Dariusz Nowak sagte im polnischen TV-Nachrichtensender TVN24, die Tat sei professionell vorbereitet und vermutlich nicht von Schrotthändlern verübt worden. Nun würden die Überwachungskameras ausgewertet.

Das Eingangstor mit dem berüchtigten Schriftzug «Arbeit macht frei» ist das bekannteste und meistfotografierte Symbol des Stammlagers Auschwitz. Die meisten der mehr als 1,1 Millionen Auschwitz-Opfer wurden im drei Kilometer entfernten Vernichtungslager Birkenau ermordet. Seit 1979 steht der gesamte Lagerkomplex Auschwitz-Birkenau auf der Welterbeliste der UNESCO.