Die Vatikanischen Museen zeigen eine Ausstellung zur Astronomie

Päpstliche Ehren für Galilei

Es wirkt ein bisschen wie die Heimholung des Verfemten: 400 Jahre nach den bahnbrechenden Forschungen Galileis widmen die Vatikanischen Museen dem streitbaren Wissenschaftler und seiner Wirkungsgeschichte eine eigene Ausstellung. Doch um alte Konflikte soll es nicht gehen.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Unter dem Titel "Astrum 2009" sind bis zum 16. Januar astronomische Geräte und wissenschaftliche Dokumente aus Italien seit Galileo Galilei (1564-1642) zu sehen - ein Querschnitt der modernen Erschließung des Himmels direkt unter den Augen des Papstes.

Erstmals ist in Italien eine derartige Schau zur Astronomiegeschichte zu sehen. Erarbeitet wurde sie vom staatlichen italienischen Institut für Astrophysik (INAF) gemeinsam mit dem päpstlichen Observatorium und den Vatikanischen Museen. Und ausgerechnet eine päpstliche Kultureinrichtung ist es, die die moderne Wissenschaft und ihren von der Inquisition verurteilten Stammvater würdigt.

Es geht nicht um alte Konflikte
Doch um alte Konflikte soll es nicht gehen bei der kleinen, aber bedeutenden Ausstellung zum UN-Jahr der Astronomie. Erzbischof Gianfranco Ravasi, Kulturminister des Vatikan, wandte sich bei der Vorstellung der Schau am Dienstag dagegen, die Tribunale der Geschichte auf ewig offen zu halten. So nötig es sei, historisches Unrecht "von der einen oder der anderen Seite" anzuerkennen - Physik und Theologie sollten vergangene Streitfragen gelassen und sachlich klären und ansonsten von ihren unterschiedlichen Warten aus gemeinsam in die Zukunft schauen.

Die Zusammenarbeit von Kirche und weltlicher Wissenschaft hat gute
Tradition: Eine der ersten staatlichen Sternwarten in Italien, diejenige von Brera, war ursprünglich eine Jesuitengründung. Als das Observatorium von Paris 1887 ein Mammutprojekt zur Kartographierung des Himmels ausrief, war es Papst Leo XIII., der eigens einen Frauenorden dafür einspannte. Den Schwestern vom Kinde Maria in Castel Gandolfo oblag es, von belichteten Fotoplatten einzelne Sternenpunkte, groß wie Staubkörner, auf Rasterpapier zu übertragen - eine schweigende Geduldsarbeit wie in einem mittelalterlichen Skriptorium.

Jose Gabriel Funes, den Leiter der Päpstlichen Sternwarte, hält von daher eine ausdrückliche Versöhnung zwischen Astronomie und Glaube für überflüssig. Die Wissenschaft stehe schließlich nicht in Widerspruch zur christlichen Botschaft, wenn sie die Geheimnisse des Universums zu erschließen helfe, sagt der argentinische Jesuitenpater und Experte für Scheibengalaxien. Auch der Streit mit Galilei ist aus Sicht von Funes längst beigelegt. Bereits Johannes Paul II. hatte Irrtümer der Kirchenbehörden bei der Beurteilung Galileis eingeräumt - gemeinhin gilt die betreffende Ansprache des Papstes von 1992 als Rehabilitation des Forschers.

Streit mit der Inquisition
Den von Galilei 1630 veröffentlichten "Dialog über die zwei wichtigsten Weltsysteme", der zum Streit mit der Inquisition führte, sucht man in der Ausstellung vergeblich. Was die wissenschaftlichen Erkenntnisse angeht, sei dies nicht die wichtigste Schrift, heißt es vorderhand. Und hinten herum: Man wolle keine alten Polemiken über den "Fall Galilei" anheizen. Dafür sehen Besucher eine Erstausgabe des "Sidereus Nuncius" (Der Bote von neuen Sternen) aus dem Jahr 1610 - das Buch, in dem der Astronom seine bahnbrechenden Beobachtungen veröffentlichte.

Daran anschließend reihen sich Marksteine der Forschung wie das Werk "Almagestum novum" von Giovanni Riccioli (1598-1671): Keine zwei Jahrzehnte nach der Verurteilung Galileis legte der Jesuiten-Astronom darin den Triumph des neuen Weltbildes dar. Oder Instrumente und Aufzeichnungen von Angelo Secchi (1818-1878), Leiter der Vatikanischen Sternwarte - er war es, der die Spektralanalyse in die Astronomie einführte.

Ein Fernrohr Galileis gibt es allerdings nur in Kopie - ein Nachbau des Teleskops, das der Wissenschaftler seinem Förderer Cosimo de'Medici schenkte. Das ehrwürdige Original wird man Anfang Januar aus Florenz nach Padua bringen, wo Galilei auf den Tag genau vor 400 Jahren seinen Blick in den Nachthimmel richtete. Wenigstens eine Sache blieb laut Tommaso Maccacaro, dem Leiter des italienischen Astrophysik-Instituts, für die Forscher seit damals unverändert: Dass die Fragen beim Blick in ferne Welten immer interessanter sind als die Antworten, die man dort findet.