Die Spendeninitiative in den USA führt zu Debatte in Deutschland

Was Bill schafft, kann Karl schon lange?

Bis zu 100 Milliarden wollen Superreiche wie Bill Gates und Warren Buffett spenden. Ihre Ankündigung führt auch in Deutschland zu einer Debatte über die soziale Verantwortung der Wohlhabenden.

 (DR)

Politiker von SPD und Grünen riefen deutsche Milliardäre zu Spenden auf. Die Ankündigung der US-Milliardäre sei ein gutes Vorbild, sagte die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth der "Passauer Neuen Presse" (Freitag). Der Staat müsse aber auch beim Spitzensteuersatz und der Besteuerung der Vermögen Rahmenbedingungen setzen, damit der soziale Rechtsstaat finanzierbar bleibe.

Auch der SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sprach von einer "guten Idee", die auch in Deutschland weiter verfolgt werden könne. Eine solche Geste könne aber eine vernünftige Vermögensbesteuerung nicht ersetzen. Der sozialdemokratische Haushaltspolitiker Carsten Schneider sprach von einem "sehr lobenswerten Beispiel dafür, dass die Reichen sich nicht aus sozialer Verantwortung ausklinken". In Deutschland sei leider ein gegenläufiger Trend zu beobachten. Der Linken-Politiker Bodo Ramelow betonte am Freitag im Deutschlandfunk, Spender seien zwar willkommen, aber zunächst müsse es Änderungen am Steuersystem geben.

Wer spendet oder stiftet, genießt Steuervorteile
Der Mitinitiator der Initiative Vermögender für eine Vermögensabgabe, Dieter Lehmkuhl, begrüßte die Initiative der US-Milliardäre. Die Entscheidung sei jedoch im Zusammenhang eines gering ausgeprägten US-amerikanischen Sozialstaats zu sehen. In Deutschland müsse es eine steuerliche Regelung geben, sagte er der "Frankfurter Rundschau" am Freitag. Freiwillige Spenden alleine reichten nicht aus.

"Wer spendet oder stiftet, genießt Steuervorteile", erläuterte der Psychiater weiter. "Er entzieht dem Staat Steuermittel und verteilt sein Vermögen ohne demokratische Kontrolle." So könne ein Millionär oder Milliardär mit seinem Geld Einfluss auf soziale oder kulturelle Projekte nehmen und sie "nach Gutsherrenart steuern und gewinnt dadurch nicht demokratisch legitimierte gesellschaftliche Gestaltungsmacht".

Seit der Appell deutscher Vermögender im vergangenen Jahr als Zeitungsanzeige erschien, haben bereits 48 gut betuchte Bürger unterschrieben. Sie fordern von der Politik, sie durch eine Vermögensabgabe stärker zu belasten, um die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu bewältigen und die soziale Ungleichheit zu verringern.

Reiche in Deutschland eher zurückgezogen
Der Reichtums- und Vermögensforscher Wolfgang Lauterbach sagte der FR, dass unter Deutschlands Reichen "der Anteil derjenigen, die sich engagieren, sehr hoch" sei. Hedonisten, die ihr Geld nur zum eigenen Vergnügen verprassten, seien äußerst selten. Es gebe eine "wachsende Klientel, die der Gesellschaft etwas zurückgeben wolle". Häufig sei dies auf religiöse Motive, ein hohes Verantwortungsgefühl gegenüber der Gesellschaft oder den Glauben an eine gerechte Welt zurückzuführen.

Das Stereotyp der "Reichen mit Perlenkette, die an der Costa Smeralda einen Cocktail für 50 Euro schlürft", ist laut Lauterbach nicht haltbar. Vielmehr lebe der Großteil der Reichen in Deutschland eher zurückgezogen, der Reichtum sei ihnen nicht auf Anhieb anzusehen. Mehr als die Hälfte hätten sich ihr Vermögen erarbeitet, ein knappes Drittel sei durch Erbschaften reich geworden. Gewinne aus Immobilien- und Börsengeschäften spielten mit rund acht Prozent eine eher geringe Rolle. Auch Aufstiegsheiraten seien selten.

Am Donnerstag hatte der Bundesverband Deutscher Stiftungen an die Wohlhabenden in Deutschland appelliert, sich stärker für die Gesellschaft zu engagieren. Wenn sich nur einige der 53 Milliardäre in Deutschland die Aktion von Bill Gates und anderen zum Vorbild nähmen, werde sich das Gesamtkapital der Stiftungen in Höhe von aktuell rund 100 Milliarden Euro auf einen Schlag erhöhen. "In den Händen der Wohlhabenden liegt ein starker Hebel, den sie gemeinsam nutzen sollten", sagte das Mitglied der Geschäftsleitung des Bundesverbandes, Hermann Falk.