Die Parallelen zwischen Boko Haram und IS

Krisenherd Nigeria

Während die Welt gebannt auf Syrien und Irak schaut, treibt im Nordosten Nigerias die islamistische Terrorgruppe Boko Haram weiterhin ihr Unwesen. Berthold Pelster vom Hilfswerk "Kirche in Not" spricht im Interivew über den schier aussichtslosen Kampf der Regierung.

Boko Haram verfügt über schwere Waffen (dpa)
Boko Haram verfügt über schwere Waffen / ( dpa )

domradio.de: Warum scheint sich niemand mehr für die Situation in Nigeria zu interessieren?

Pelster: Wir leben in einer sehr bedrohlichen Weltlage, wir werden überhäuft mit schlimmen Meldungen aus allen möglichen Regionen der Erde. Wir sind oft überfordert, das alles wahrzunehmen. Auch die Medien sind vielleicht überfordert. Wir konzentrieren uns im Moment in den Medien auf den Nahen Osten, aber die Lage in Nigeria ist mindestens genauso dramatisch.

domradio.de: Kann man Parallelen ziehen zwischen Boko Haram und IS?

Pelster: Es gibt wahrscheinlich gewisse Verbindungen zwischen diesen militanten islamistischen Bewegungen. Boko Haram beobachtet sicherlich sehr genau, was im Nahen Osten passiert, was die Terrorbewegung Islamischer Staat dort macht. Die Bewegung hat ja dort ein Kalifat ausgerufen, ähnliches hat im August auch Boko Haram in Nigeria getan, als im Staat Borno ein Kalifat ausgerufen wurde. Boko Haram hat inzwischen mehrere Ortschaften erobert und breitet sich immer weiter aus. Das sind sicherlich Parallelen, die man ziehen kann. Die Menschen flüchten vor den Islamisten, auch in Nigeria sind mehrere 100.000 Menschen auf der Flucht.

domradio.de: Außenminister Steinmeier hat zum entschiedenen Kampf gegen Boko Haram aufgerufen. Muss da noch mehr kommen seitens der Politik?

Pelster: Die Verantwortung liegt zunächst einmal bei der nigerianischen Regierung, die ja sehr viel tut. Das Militär führt Einsätze gegen Boko Haram, auch mit sehr radikalen Methoden. Allerdings scheinen Regierung und Militär überfordert. Boko Haram ist mittlerweile mit modernsten militärischem Gerät ausgerüstet, das geht bis hin zu Panzern! Auch das ist eine Parallele zum IS. Der internationale Waffenhandel scheint völlig außer Kontrolle geraten zu sein. Viele Waffen scheinen aus Libyen zu stammen, die in Nigeria zum Einsatz kommen. Da müsste der Waffenhandel viel stärker kontrolliert und eingeschränkt werden. Die deutsche Regierung kann natürlich beratend helfen, ansonsten muss aber bei den eigentlichen Ursachen angesetzt: die krasse soziale Ungerechtigkeit in Nigeria, die ist der eigentliche Auslöser. Viele junge Männer im Norden sind verzweifelt, sie haben keien Zukunftsperspektive. Es braucht eine Gesellschaft, in der es mehr Gerechtigkeit gibt. Und Boko Haram bietet dann den Islam als Lösung an.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR