Die Misereor Fastenaktion 2007

Armut und Analphabetismus - der ewige Teufelskreis

Lesen, schreiben und rechnen zu können, ist für eine Milliarde Menschen auf der Welt keine Selbstverständlichkeit. Fast jeder fünfte Erwachsene ist Analphabet. Mehr als 100 Millionen Kinder besuchen keine Schule. Der größte Teil der Menschen ohne Bildung lebt in armen Ländern. Das ist Ursache für einen ewigen Teufelskreis.

 (DR)

Armut führt dazu, dass Menschen keine Bildung erhalten. Wer keine Schule besucht, rutscht wiederum schnell in die Armutsschleife, erläutert der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, Prälat Josef Sayer:
Misereor hat diese thema in das Zentrum der bundesweiten Fastenaktion 2007 gestellt. Das Leitwort: "Entdecke, was zählt!"

"Bildung ist der Schlüssel zur Armutsüberwindung", unterstreicht Sayer, der die 49. Misereor-Fastenaktion am Sonntag im Paderborner Dom gemeinsam mit Erzbischof Hans-Josef Becker eröffnen wird. Einen Monat später, am 25. März, findet in allen katholischen Gottesdiensten Deutschlands die Misereor-Kollekte statt. Wie wichtig Unterstützung für Bildungsprojekte ist, betont auch der Misereor-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Hamburgs Erzbischof Werner Thissen. Er kennt die Problematik aus eigener Anschauung von seinen Reisen in Entwicklungsländer: "Wenn Schulen fehlen oder Eltern das Schulgeld nicht aufbringen können, dann entwickeln Kinder keine Perspektiven."

In Südamerika beispielsweise habe er erlebt, dass die Kinder statt zur Schule zu gehen bei der Feldarbeit helfen mussten, berichtet Thissen. Doch nur wer lesen, schreiben und rechnen lerne, könne später etwa ein Geschäft eröffnen, sich wirtschaftlich unabhängig machen oder seine politische Meinung einbringen. Für diese Zusammenhänge sollen die Deutschen durch die Misereor-Aktion sensibilisiert werden.

Dem Eröffnungsgottesdienst im Paderborner Dom geht in dieser Woche ein breites Programm mit Informationsveranstaltungen voraus. Von Hamburg aus, wo die Aktion im vergangenen Jahr eröffnet wurde, haben sich Jugendgruppen zu Fuß mit dem Hungertuch auf den Weg in die Paderstadt gemacht. Gestaltet wurde das große Textil, das Gemeinden während der Fastenzeit im Altarraumvon aufhängen können, vom chinesischen Künstler Professor Li Jinyuan. Es soll auf die schwierige Situation der Kirche in China aufmerksam machen und zum Ideengeber für Projekte, Gottesdienste und Predigten werden.

Weltweit unterstützt das 1958 von den deutschen Bischöfen gegründete Hilfswerk derzeit mehr als 4.500 Projekte in rund 100 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. In den vergangenen 49 Jahren wurden rund 5 Milliarden Euro aufgewendet. "Unsere Anstrengungen im Bildungssektor, die wir über die Ortskirchen erbringen, sollen aber in keiner Weise den Staat entlasten", so Sayer. Die Regierungen hätten an erste Stelle die Verantwortung für die Ausbildung ihrer Bevölkerung. "Wo aber ein vernünftiges Staatswesen nicht existiert, wo Kriege den Bildungsbereich zerstört haben, da muss die Kirche tätig werden."

Beispielland der Misereor-Aktion ist in diesem Jahr der Sudan. Im Süden des nordostafrikanischen Landes, in der Diözese Rumbek, unterhält das katholische Hilfswerk das Projekt "In Frieden lernen". Nach 35 Jahren Bürgerkrieg ist der im Jahr 2005 per Vertrag geschlossene Friede dort noch immer zerbrechlich, erinnert Sayer. Misereor fördert den Bau von Schulen, die Ausbildung von Lehrern und die Produktion landeseigener Schulbücher.

Besonderes Augenmerk legt die katholische Hilfsorganisation auf die Bildung von Mädchen. Diese seien nach wie vor in den Schulen in der Minderheit, betont der Hauptgeschäftsführer. Aus einem überkommenen Rollendenken hielten viele Eltern eine Ausbildung bei Mädchen für unwichtig. Viele würden auch bereits mit 14 oder
15 Jahren verheiratet und müssten dann die Schule abbrechen. Umso wichtiger seien Projekte zur Reduzierung der Armut in Entwicklungsländern, heißt es bei Misereor. Auch die UN hätten sich eine Grundschulbildung für alle Kinder der Welt zum Ziel gesetzt. Mit der Fastenaktion fordert das Hilfswerk die politisch Verantwortlichen auf: "Haltet Eure Versprechen ein."