Corona-Maßnahmen werfen Kampf gegen Aids um Jahre zurück

"Die Medikamenten-Lager sind komplett leer"

Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie könnten die Bekämpfung von Aids in Afrika um Jahre zurückwerfen. Die Stiftung Weltbevölkerung warnt vor zusätzlichen 500.000 Aids-Toten auf dem Kontinent.

Autor/in:
Natalia Matter
Kampf gegen Aids: Stiftung Weltbevölkerung warnt vor Folgen der Corona-Pandemie / © kram9 (shutterstock)
Kampf gegen Aids: Stiftung Weltbevölkerung warnt vor Folgen der Corona-Pandemie / © kram9 ( shutterstock )

Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie könnten die Bekämpfung von Aids in Afrika um Jahre zurückwerfen. "Bei einem Lockdown von sechs Monaten gehen die UN von einer Verdoppelung der Todeszahlen aus", sagte der Geschäftsführer der Stiftung Weltbevölkerung, Jan Kreutzberg, dem Evangelischen Pressedienst.

"Durch die Lieferengpässe bei Medikamenten und dem eingeschränkten Zugang der Patienten könnten auf dem Kontinent zusätzliche 500.000 Menschen an den Folgen von Aids sterben." Das entspreche dem Stand von 2008. "Vor allem die Infektion von Säuglingen bei der Geburt wird dramatisch steigen", sagte Kreutzberg vor Beginn der Welt-Aids-Konferenz am Montag.

Produktion und Lieferung von Medikamenten eingeschränkt

Die Mehrzahl der Medikamente, die sogenannten antiretroviralen Mittel, würden in Indien und China hergestellt. Sie können die infizierte Person zwar nicht heilen, aber die Verbreitung des HI-Virus im Körper eindämmen und teilweise eine Übertragung verhindern. "Durch die Anti-Corona-Maßnahmen sind aber Fabriken zu, Grenzen geschlossen, der Flugverkehr eingestellt, und auch der Schiffstransport ist eingeschränkt und deshalb deutlich teurer", sagte Kreutzberg.

Auch die Auslieferung in Afrika selbst werde verhindert, weil die Zollabfertigung überlastet sei. "Zudem gewähren die Regierungen nur eingeschränkt Transitgenehmigungen für Lastwagen, weil bei anderen Epidemien wie bei Ebola die Krankheit darüber verbreitet wurde."

"Prozedere umständlich und langsam"

Dazu komme, das viele afrikanische Länder zusätzliche Qualitätskontrollen hätten. "Teilweise muss jede Medikamentenlieferung noch mal im Labor getestet werden", beschrieb Kreutzberg, der viele Jahre in Afrika gearbeitet hat. Da aber auch Labore nur eingeschränkt arbeiteten, sei das Prozedere sehr umständlich und langsam. "Die Lager der Hilfsorganisationen, die die Medikamente verteilen, sind komplett leer."


Quelle:
epd