Die katholische Kirche lobt die Zusammenarbeit in der Entwicklungsarbeit

Im Großen und Ganzen einig

Es war eine Premiere: Zum ersten Mal in der 50-jährigen Zusammenarbeit in der Entwicklungsarbeit begleiteten Vertreter der Kirchen einen Minister auf einer Reise. Der katholische Prälat Karl Jüsten im Interview mit domradio.de über seine Eindrücke der Kenia-Reise.

 (DR)

domradio.de: Wie würden Sie das Verhältnis von Kirche und Staat auf dieser Reise aus ganz persönlicher Perspektive beurteilen? Also ihr Verhältnis untereinander?

Jüsten: Herr Niebel ist ein  sach- und fachkundiger Minister, das zeigte sich bei der Reise an  vielen Stellen. Er hat dieses Amt angenommen, er wollte es am Anfang ja gar nicht haben, er wollte das Ministerium damals mit dem Auswärtigen Amt fusionieren. Aber er ist sehr tatkräftig und bewegt einiges. Die Zusammenarbeit der Kirchen mit ihm klappt hervorragend - beruhend auf einer Vereinbarung, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum feiert, bei der es um eine Kooperation von Kirche und Staat geht: Der Staat gibt den Kirchen Geld, weil wir bestimmte Projekte durchführen, die der Staat so nicht machen kann oder will.



domradio.de: Und diese Zusammenarbeit ist bei Herrn Niebel mehr als eine Pflichtübung?

Jüsten: Sie kommt von Herzen. Zum ersten Mal überhaupt hat ein Minister die beiden Bevollmächtigten der beiden großen Kirchen zu einer gemeinsamen Reise eingeladen Das hat es in den 50 Jahren noch nicht gegeben.



domradio.de: 2012 erhalten die Kirchen jeweils 108 Millionen Euro. Da muss Kirche  natürlich dokumentieren, was sie mit dem Geld anstellt. Welche  Entwicklungshilfe-Projekte in Kenia haben Sie dem Minister gezeigt?

Jüsten: Wir haben uns - ökumenisch - überlegt, dass wir nicht die gleichen, aber doch ähnliche Projekte zeigen. Wir engagieren uns ja vor allem in der ländlichen Entwicklung, entsprechend waren wir auf Farmen. Auf einer werden aidskranke Frauen wieder in die Lage versetzt, ihren eigenen kleinen Bauernhof zu bewirtschaften. Dann waren wir auf einem anderen Bauernhof, einem katholischen Förderprojekt, wo die Menschen in die Lage versetzt werden, nicht nur sich selber zu ernähren, sondern auch noch ein kleines Einkommen zu erzielen. Sehr beeindruckend war eine Bäuerin, die ihrer Tochter ein Studium ermöglichte. Das ging schon sehr ans Herz.



domradio.de: Auch an das des Ministers?

Jüsten: Der Minister war sehr überrascht, dass so kleine Projekte - der Staat fördert ja eher größere - so effizient und nachhaltig sein können.



domradio.de: Gibt es  darüber, wie Entwicklungshilfe durchgeführt werden sollte, Diskussionsbedarf zwischen Regierung und Kirchen, oder ist man sich im Großen und Ganzen einig?

Jüsten: Bei der Projektarbeit ist man sich im Großen und Ganzen einig. Es ist ja sogar so, dass wir eine Generalbewilligung für unsere Projekte erhalten haben, d.h. wir müssen uns die Projekte nicht im Einzelnen genehmigen lassen. Andere Organisationen müssen das ja. Das zeigt, wie sehr uns die Regierung hier vertraut. Und dass wir im Großen und Ganzen an einem Strang ziehen. Es gibt natürlich in der Zusammenarbeit immer wieder auch Themen und Fragestellungen, wo wir die Dinge anders sehen. Wir haben zum Beispiel lange dafür gekämpft, dass das Entwicklungshilfeministerium den ländlichen Raum in den Blick nimmt. Jetzt tun sie das Gott sein Dank. Bei den Klimazielen sind wir immer etwas ehrgeiziger, als eine Regierung sein kann. Oder auch bei der Bekämpfung des Hungers, wenn es darum geht, die Armut weltweit zu halbieren. Da fordern wir schon mal mehr, als eine Regierung das kann. Und da tritt man sich dann schon mal auch auf die Füße.



Das Gespräch führte Tobias Fricke.