Die Evangelische Kirche von Westfalen will auf Landessynode über Kirchengeld für Rentner entscheiden

Den Enkeln keine Schulden hinterlassen

Alfred Buß, Präses der Evangelischen Landeskirche von Westfalen (epd)
Alfred Buß, Präses der Evangelischen Landeskirche von Westfalen / ( epd )

Die Evangelische Kirche von Westfalen hält an ihrem strikten Sparkurs fest. "Wir häufen keine Schuldenberge für unsere Kinder und Enkel an, sondern sorgen heute dafür, dass es auch morgen Kirche geben kann", sagte Präses Alfred Buß am Montag in Bielefeld. Er verteidigte zugleich das vorgeschlagene Kirchgeld für Rentner, über das die westfälische Landessynode diese Woche auf ihrer Tagung in Bielefeld entscheidet. Es gehe nicht darum, "die Rentner zu schröpfen", sondern darum, die Kirche besser und gerechter als bisher zu finanzieren. Dr. Dominik Enste, Leiter des Referats "Wirtschaftsethik" am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, kritisiert die Idee im domradio-Interview als wenig sinnvoll.

"Durchblick schaffen, statt Steuern erheben"
Zwangsbeiträge wären der falsche Weg, um die kirchlichen Finanzen zu retten, meint Dr. Enste. Wichtig sei dagegen, dass die Menschen freiwillig zur Finanzierung der Kirche beitrügen, zum Beispiel mit Spenden und Eintrittsgeldern für Veranstaltungen. "Den Menschen vor Ort muss wieder deutlich werden, wofür ihre Gelder verwendet werden. Die Verwaltungs- und Strukturreform dagegen sollen weiter voran getrieben werden, um die finanzielle Zukunft der Kirche zu sichern. Das ist der bessere und sicherere Weg."
Bei einer einkommensunabhängigen Zwangsabgabe bestünde die Gefahr, dass das Kirchensteuersystem als Ganzes in Frage gestellt würde, warnt Enste.

Kirchengeld für Rentner
Nach dem Vorschlag, den das Kirchenparlament bei seinen viertägigen Beratungen ab Dienstag diskutiert, sollen Rentner ab einer bestimmten Summe 0,5 Prozent ihres Einkommens zahlen. Dadurch könnte Schätzungen zufolge ein zweistelliger Millionenbetrag in die Kirchenkassen gespült werden. Mit diesen Beiträgen könnte die Last auf mehr Schultern verteilt werden, sagte der oberste Jurist der 2,6 Millionen Mitglieder zählenden Landeskirche, Klaus Winterhoff. Die Diskussion sei aber völlig offen. Er wies darauf hin, dass nur jedes dritte Mitglied Kirchensteuern zahlt und auf diese Weise für alle die kirchlichen Leistungen finanziert.

Trotz zwischenzeitlicher Mehreinnahmen bei der Kirchensteuer "müssen wir den Sparkurs halten und die Ausgaben weiter zurückfahren", mahnte Winterhoff. Zu den Maßnahmen zählten ein Einstellungsstopp im Landeskirchenamt, Zuschusskürzungen und weiterer Stellenabbau, der sozial verträglich erfolgen soll. Für einen "intelligenten Rückbau" gelte es gleichwohl, Akzente zu setzen und sich nicht "kaputt zu sparen". So werde das Tagungshaus Ortlohn in Iserlohn geschlossen, aber zugleich die Tagungsstätte Villigst in Schwerte ausgebaut.

40 Prozent weniger Einnahmen
Seit 1992 musste die viertgrößte deutsche Landeskirche den Angaben nach reale Einkommensverluste von 40 Prozent hinnehmen, langfristig sei die Tendenz weiter rückläufig. In diesem Jahr wird zwar mit Kirchensteuer-Einnahmen von 390 Millionen Euro gerechnet, ein Plus von 20 Millionen Euro gegenüber der ursprünglichen Prognose. Das kann aber die steigenden Aufwendungen für die Altersversorgung der Pfarrer und Kirchenbeamten sowie Rückzahlungen im Rahmen des Clearing-Ausgleichs zwischen den Landeskirchen in zweistelliger Millionenhöhe nicht wettmachen.

600 Theologen haben keine Pfarrstelle
Einsparungen soll auch die Möglichkeit für Theologen bringen, schon mit 58 Jahren ohne Abstriche an der Altersversorgung in den Ruhestand zu gehen. Falls alle Betroffenen davon Gebrauch machen, könnte der kirchliche Haushalt theoretisch jedes Jahr um gut 7,2 Millionen Euro entlastet werden. Die Pfarrer sollen auch bewegt werden, häufiger ihre Stelle zu wechseln. Derzeit gibt es in der westfälischen Kirche 2.100 Theologen, aber nur 1.500 Pfarrstellen. Probleme des jetzigen Rückbaus sind nach Buß' Worten, dass die Pfarrerschaft nicht im nötigen Maße verjüngt wird und in 20 Jahren ein neuer Pfarrermangel droht.

Zur prekären Finanzlage räumte Präses Buß Versäumnisse in früheren Jahren ein. So sei die Mitgliederzahl in den Jahren 1980 bis 1997 um 20 Prozent gesunken, dennoch seien 90 Prozent mehr Menschen eingestellt worden. Die Kirche müsse über Geld reden, ohne es zum Selbstzweck zu machen, forderte Buß. "Wir müssen mit Geld und Gut verantwortlich umgehen und es in den Dienst des Evangeliums stellen." Wirtschaftliches Handeln sei vom Evangelium her geboten.

In seinem Präses-Bericht vor der Landessynode will sich der leitende Theologe auch zu den Themen Bleiberecht für Flüchtlinge und Ladenöffnungszeiten sowie zu Amtshandlungen wie Taufen und Trauungen äußern. Sie spielten für die Menschen eine wichtige Rolle, betonte er.