Die EKD wirbt für Dialog von Naturwissenschaft und Theologie

Absage an den Kreationismus

Wissenschaftliche Evolutionslehre gegen biblische Schöpfungsgeschichte. In den vergangenen Monaten nahm diese Kontroverse streckenweise Züge eines Kulturkampfes an. Vor allem seit dem Vorstoß der vormaligen hessischen Kultusministerin Karin Wolff (CDU), die neben der Evolutionstheorie auch die biblische Schöpfungslehre im Biologieunterricht thematisieren wollte, erfährt diese Debatte auch in Deutschland eine breite Aufmerksamkeit.

Autor/in:
Rainer Clos
 (DR)

Angefacht wurde die Auseinandersetzung von Naturwissenschaftlern, die den Darwinismus weltanschaulich aufladen und daraus einen rigiden Atheismus ableiten. Zu den Wortführern der "neuen Atheisten" gehört etwa der britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins, der mit seinem atheistischen Manifest "Der Gotteswahn" für viel Wirbel sorgt. In diese Kontroverse hat sich nun die Evangelische Kirche in Deutschland
(EKD) eingeschaltet. Nicht mit einem abwehrenden Schnellschuss, sondern mit einer Orientierungshilfe, die mit klaren Standpunkten für eine Versachlichung der Debatte wirbt.

Schon lange Zeit wabert der Streit in den USA. Dort ist es vor allem die christlich-fundamentalistische Bewegung, die die von Charles Darwin (1809-1882) entwickelte wissenschaftliche Evolutionstheorie ablehnt, nach der sich das Leben auf der Erde in einem langen Prozess ausgebildet habe. Diese evangelikalen Strömungen interpretieren die Schöpfungsgeschichte der Bibel wörtlich. Radikale Kreationisten glauben gar, die Erde sei 6.000 Jahre alt und in sieben Tagen von Gott erschaffen worden. Auch in der katholischen Kirche finden sich prominente Evolutionskritiker.

Das auf dem Kreationismus fußende Konzept eines "Intelligenten Design" geht davon aus, dass die Natur nicht allein durch Evolution zu erklären ist, sondern von einem intelligenten Planer gestaltet wird. In den USA setzen sich die Anhänger dieser Auffassung dafür ein, die biblische Schöpfungsgeschichte im schulischen Biologieunterricht zu verankern.

Derartigen Bestrebungen, mit denen auch evangelikale Gruppierungen in der Bundesrepublik sympathisieren, erteilt der EKD-Text eine klare Absage. In der Schule sollten die Evolutionstheorie und der Schöpfungsglauben thematisiert werden, wird empfohlen. Dabei sollten Verzerrungen des Kreationismus kritisch behandelt werden.

Dabei müsse klargestellt werden, dass die These "Darwin beweist, dass es Gott nicht gibt" sowie der Standpunkt "Gott beweist, dass Darwin Unrecht hat" Fehlleistung seien. Für Kreationismus gebe es keinen Platz im evangelischen Religionsunterricht. Allenfalls für fächerverbindenden Unterricht, in dem unterschiedliche Zugänge zur Erklärung der Entstehung der Welt erörtert werden.

Schon auf der EKD-Synode in Dresden hatte der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, klare Trennlinien gezogen. Unter dem Stichwort Kreationismus würden die biblischen Schöpfungsberichte missbraucht, kritisierte er. Mit der Verkehrung des Glaubens an den Schöpfer in eine Form der Welterklärung habe das Christentum immer wieder Schiffbruch erlitten. Mit derlei pseudowissenschaftlichen Theorien werde das Bündnis von Glauben und Vernunft aufgekündigt, gab Huber zu bedenken.

Ein aufgeklärter Gottesglaube braucht sich nach evangelischem Verständnis nicht vor der Naturwissenschaft zu verstecken, so der Tenor der EKD-Argumentationshilfe. Beide seien auf intensiven Dialog angewiesen. Für Naturwissenschaft und Schöpfungstheologie gebe es dringlichere Herausforderungen. Etwa die Fragen, ob und wie Leben und Überleben in einer gefährdeten Welt gesichert werden könne, mit welchen Mitteln den Folgen des Klimawandels begegnet werden soll und wie die Rechte künftiger Generationen zu wahren sind.

Auch hinsichtlich der Humangenetik seien gleichermaßen Antworten von Naturwissenschaftlern und Theologen gefragt. Indirekt kontern die Autoren damit dem Vorwurf von Kreationismus-Anhängern, die Evolutionstheorie höhle den Glauben aus. Vielmehr verstellt der Kreationismus laut EKD-Studie wissenschaftlich aufgeklärten Menschen den Zugang zum Glauben, indem er einen scheinbaren Widerspruch zur Wissenschaft konstruiere.

Hinweis: EKD-Texte 94, "Weltentstehung, Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube in der Schule", ist zum Preis von 0,60 Euro zu beziehen bei: Kirchenamt der EKD, Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover, Fax: 0511/2796-457, Email: versand@ekd.de.