Die Bischöfe, das Geld und die Zukunft: Kontrolle (1)

Von Eigenverantwortung geprägt

Welche Lehren kann Kirche aus der Causa Limburg ziehen? In Teil 1 von "Die Bischöfe, das Geld und die Zukunft" spricht der Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier über Aufsichtsräte in der Kirche und Vertrauensvorschüsse.

Kontrolle (KNA)
Kontrolle / ( KNA )

domradio.de: Aus der Wirtschaft kennt man Aufsichtsräte. Gibt es etwas Ähnliches in der Kirche?

Georg Bier (Professor für Kirchenrecht an der Universität Freiburg): In Hinblick auf die Vermögensverwaltung gibt es mit dem Vermögensverwaltungsrat etwas Vergleichbares, wenn auch anders strukturiert. Er muss in jeder Diözese vom Bischof eingesetzt werden. Er ist dafür zuständig, nach Weisung des Bischofs Haushaltspläne zu erstellen und auch deren Einhaltung zu kontrollieren.

domradio.de: In Limburg hat man ein Umgehen der Strukturen, ein Umgehen der Kontrolle festgestellt. Ist das denn so einfach möglich?

Bier: Nun gut, auch in Limburg gab es, soweit man erfahren hat, einen Vermögensverwaltungsrat, der aus drei Mitgliedern bestand. Das Problem könnte in der Besetzung solcher Vermögensverwaltungsräte bestehen. Der Gesetzgeber sieht vor, dass sie eine gewisse Ferne zum Bischof haben sollen. Das ergibt sich aus rechtssystematischen Erwägungen, also aus dem Kirchenrecht, aber auch aus anderen Bestimmungen. Wenn hier ein Gremium eingerichtet werden soll, das über Ausgaben beschließen soll, das die Einhaltung des Etats überwachen soll, dann muss es sich um ein Gremium handeln, das nicht zu eng zum Bischof steht, das insbesondere nichts mit den Ausgaben selbst zu tun hat. Da gibt es in vielen deutschen Diözesen, nicht nur Limburg, oft das Problem, dass die gebotene Distanz der Mitglieder zur Bistumsleitung nicht immer gegeben ist.

In vielen Diözesen ist es üblich, dass in diesen Vermögensverwaltungsräten Mitarbeiter der Kurie sitzen, oft sogar des Domkapitels, und dadurch entsteht eine Nähe, die ungut sein kann. Und mir scheint, dass das auch in Limburg ein Stück weit das Problem gewesen ist, dass die drei Herren, um die es da ging, ja auch gesagt haben, sie hätten dem Bischof ja nicht widersprechen können. Nun ist es aber gerade ihre Aufgabe, nicht dem Bischof zu widersprechen, aber sehr genau hinzugucken, was da geschieht und gemacht wird, und sich dann auch deutlich zu äußern, wenn sie der Meinung sind, dass bestimmte Aufgaben oder Pläne zur Haushaltsverwaltung nicht sinnvoll sind. Da hilft natürlich diese Distanz, die vom Gesetzgeber gewollt ist, die aber in der Praxis nicht immer so genau eingehalten wird ‑ nicht was die Kirchensteuerräte angeht, da ist es eigentlich relativ klar, aber was die Vermögensverwaltungsräte angeht.

domradio.de: Lassen Sie uns noch einen Blick ins Kirchenrecht werfen: So ein Bischof leitet die Diözese, er hat auch das Lehramt inne, ist also der oberste Hirte seines Bistums. Für die Verwaltung hat er einen Generalvikar mit einem Generalvikariat als Behörde. Wie können denn auch, vielleicht sogar im eigenen Interesse, diese Bischöfe und Generalvikare überwacht und kontrolliert werden?

Bier: Das ist eine schwierige Frage. Wenn wir einmal vom Vermögenrecht weggehen, dann gibt es hier kein Kontrollorgan im eigentlichen Sinne. Es wird davon ausgegangen, dass die Bischöfe eine gute Arbeit machen, und der Generalvikar sollte natürlich von seinem Bischof überwacht und begleitet werden in seiner Arbeit. Beim Bischof selbst ist die Überwachung nicht sehr ausgeprägt. Der Metropolit, also der Bischof der Erzdiözese, zu deren Provinz dann die Diözese gehört, hat gewisse Aufgaben, ist aber nicht sehr stark involviert; immerhin könnte er, wenn ihm Dinge zu Ohren kommen, die für eine nicht angemessene Leitung der Diözese sprechen, Meldung an den Apostolischen Stuhl machen, er wäre dazu sogar verpflichtet. Die Frage ist allerdings, ob er ein solches Amt effektiv wahrnehmen kann, wenn er eigentlich keinerlei Visitationsrechte, also Überwachungsrechte hat, sondern wenn er im Wesentlichen auch nur nach dem gehen kann, was er vielleicht aus der Presse erfährt, weil ihm da jemand Informationen gibt.

domradio.de: Wie groß ist der rechtliche Einfluss der Kurie in Rom, vom Vatikan, von den Kongregationen auf die Bistümer?

Bier: So direkte Abhängigkeiten gibt es da nicht; selbstverständlich sind die römischen Behörden in einzelnen Fällen auch wieder Organe, die sich anschauen, was da geschieht. Es gibt einen regelmäßigen Besuch der Bischöfe eines Landes in Rom, da sollen sie vortragen, was in den einzelnen Diözesen läuft, da werden auch Berichte verfasst, die an die jeweils zuständigen Kongregationen übermittelt werden. Von daher ist das ein gewisses Instrument der Kontrolle oder Überwachung, aber es gibt jetzt keine Institution, die da tatsächlich regelmäßig hineinschauen würde. Also die betreffenden Stellen sind dann da auf das angewiesen, was ihnen aus den Diözesen berichtet wird. Sie leben also von den Informationen, die ihnen gegeben werden, sie sind nicht selbst aktiv und forschen nach. Das System geht davon aus, dass die Bischöfe eine ordentliche Arbeit machen, dass gegebenenfalls Meldung erstattet wird, wenn das nicht der Fall ist, aber es gibt keine vorausschauenden Nachforschungen.

domradio.de: In den allermeisten Fällen funktioniert das ja auch in den Verwaltungen der Bistümer. Haben Sie aus kirchenrechtlicher Perspektive den Eindruck, dass das ein Punkt ist, an dem man in Rom oder anderswo arbeitet, um diese Verhältnisse anders zu regeln?

Bier: Es wird ja eher bemängelt, dass allzu viel römischer Zentralismus in der Kirche vorherrsche. Wenn, dann gibt es eher Bestrebungen, die Bischöfe doch eigenverantwortlicher zu stellen und ihnen mehr Möglichkeiten zu geben, das zu tun, was sie für richtig halten. Die Kehrseite dieser Medaille ist natürlich, dass es dann eher – wenn überhaupt ‑ Tendenzen gibt, die Überwachung zurückzufahren, wobei man eigentlich davon ausgeht, dass das nicht nötig ist bzw. dass die Bischöfe gute Arbeit machen. Von daher gibt es auch von Rechts wegen einen Vertrauensvorschuss. Rechtlich ist dann einzugreifen, wenn bekannt wird, dass Bischöfe ihren Aufgaben nicht in angemessener Weise nachkommen. Es gibt keine vorgeschaltete, regelmäßige Kontrolle. Und dass sich an diesen rechtlichen Verhältnissen etwas ändert, das ist mir nicht bekannt.

Das Interview führte Matthias Friebe


Quelle:
DR