Die Autorin Nadine Gordimer wird 85

Liebe und Politik

Nadine Gordimer, Literaturnobelpreisträgerin und bekannteste Autorin Südafrikas, ist ein Arbeitstier. Obwohl sie heute ihren 85. Geburtstag feiert, setzt sie sich auch nach 14 Romanen und zahllosen Erzählungen und Kurzgeschichten nicht zur Ruhe.

Autor/in:
Ann Kathrin Sost
 (DR)

Liebe und Politik sind die zwei großen Themen, die Gordimers Werke beherrschen. Meist spielen sie in ihrem Heimatland Südafrika. Die zierliche Frau galt als unermüdliche Kritikerin der Apartheid und kämpfte früh für die Gleichberechtigung der Schwarzen. Dem Afrikanischen Nationalkongress trat sie bei, als dieser noch verboten war, und blieb ihm trotz Kritik bis heute treu. Dennoch waren ihre Bücher nie bloße Polit-Propaganda gegen das rassistische Regime. Stets ging es ihr um die emotionale Seite, die Auswirkungen von Rassismus, Gewalt und Unterdrückung auf Beziehungen und Lebensentwürfe.

Heute kann Gordimer auf stattliche 76 Schaffensjahre als Autorin zurückblicken. Mit neun Jahren fing sie in ihrem Elternhaus in der Minenstadt Springs bei Johannesburg an, Kurzgeschichten zu schreiben. Wegen eines vermeintlich schwachen Herzens musste sie oft zu Hause bleiben. Seit 1949 beschreibt Gordimer die psychologischen Folgen der Apartheid. Ihr autobiografisch gefärbter erster Roman "Entzauberung" von 1953 handelt von einem jungen Mädchen, das die Ungerechtigkeiten des rassistischen Regimes zu erkennen beginnt.

"Persona non grata" für die südafrikanische Regierung
Von da an wurde Gordimer zur "persona non grata" für die südafrikanische Regierung. Ihre Bücher kamen immer wieder auf den Index. Der Roman "Burgers Tochter" wurde erst 1979 nach Protesten internationaler Autoren wie Heinrich Böll wieder zugelassen. Als sie 1991 den Literaturnobelpreis erhielt, quittierte der damalige weiße Präsident Frederik Willem de Klerk die Auszeichnung mit Schweigen.

Trotz aller Schwierigkeiten kam das Exil für sie nie infrage. "Alle sagten, Südafrika sei ein Platz, wo man nicht leben kann", erzählt Gordimer. "Aber gleichzeitig gab es hier immer diese unglaubliche Inspiration durch all die Menschen, die wirkliche Helden sind."

Seit dem Ende der Apartheid verfolgt die zweifache Mutter in ihren Büchern, darunter "Die Hauswaffe" (1998) und "Ein Mann von der Straße" (2001), die Entwicklungen im demokratischen Südafrika. Ihr Erzählband "Beute" handelt vor allem vom Tod, vielleicht weil ihr zweiter Ehemann Reinhold Cassirer 2001 starb. Zuletzt erschien ihr Erzählband "Beethoven war ein Sechzehntel schwarz". Seit einigen Jahren bleibt überschwängliches Lob für ihre Werke allerdings aus - es scheint, als sei ihr die Fähigkeit für die leisen Töne ein wenig verloren gegangen.

Eine der bedeutendsten lebenden Autoren
Trotzdem zählt Gordimer international zu den bedeutendsten lebenden Autoren, ihre Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt. National findet sie aber wenig Beachtung. Selten werden mehr als 1.000 gebundene Kopien ihrer Werke verkauft. In Südafrika fehlt es an Geld, Interesse und Bildung. In die Schlagzeilen geriet sie dennoch: 2004 verhinderte Gordimer das Erscheinen einer Biografie. Der Autor Ronald Suresh Robert stellte unter anderem die Ausmaße ihres Engagements gegen die Apartheid infrage und warf ihr vor, "geradezu makellos" dargestellt werden zu wollen.

2006 wurde die Autorin persönlich von der hohen Kriminalität in Südafrika betroffen: Drei Männer überfielen sie in ihrem Haus und raubten sie aus, Gordimer wurde leicht verletzt. Dennoch betrachtet sie das neue Südafrika ohne Bitterkeit. Zwar habe sie vieles unterschätzt, darunter die grassierende Gewalt und die Massenarbeitslosigkeit. "Aber angesichts der enormen Altlasten der Vergangenheit haben wir uns außerordentlich gut gehalten", findet sie.

Deshalb ist ihr mittlerweile hohes Alter für sie ein ganz besonderes Geschenk: "Lange genug gelebt zu haben, das Ende (der Apartheid) kommen zu sehen, und eine winzige Rolle mitgespielt zu haben, war außergewöhnlich und wundervoll."