Deutscher Buchpreis für EU-Roman

"Das Humane ist immer erstrebenswert"

"Eine Tragikomödie mit bitterernstem Unterton": Der Roman "Die Hauptstadt" von Robert Menasse erhält den Deutschen Buchpreis 2017. Darin setzt sich der österreichische Autor mit der Europäischen Union und all ihren Widersprüchen auseinander.

Der österreichische Autor Robert Menasse / © Arne Dedert (dpa)
Der österreichische Autor Robert Menasse / © Arne Dedert ( dpa )

Der österreichische Schriftsteller Robert Menasse ist am Montagabend in Frankfurt am Main für seinen Roman "Die Hauptstadt" mit dem Deutschen Buchpreis 2017 ausgezeichnet worden. Die Preisverleihung markierte den Start in die Frankfurter-Buchmessen-Woche. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der französische Präsident Emmanuel Macron werden die Literaturschau am Dienstagabend eröffnen.

Friedensprojekt Europa

Mit seinem Roman "Die Hauptstadt" (Suhrkamp, September 2017) zeige der Autor auf "eindringliche Weise", dass auch auf die Europäische Union der Satz zutreffe: "Das Humane ist immer erstrebenswert, niemals zuverlässig gegeben", erklärte die Jury.

Zugleich mache der Autor unmissverständlich klar: "Die Ökonomie allein, sie wird uns keine friedliche Zukunft sichern können. Die, die dieses Friedensprojekt Europa unterhöhlen, sie sitzen unter uns - 'die anderen', das sind nicht selten wir selbst." Menasses Roman spielt in Brüssel und setzt sich auf unterschiedlichen Ebenen mit dem Thema Europa auseinander.

"Manchmal schrullige, manchmal tapfer"

Der Autor bezeichnete den Prozess der europäischen Einigung als "den entscheidenden in unserer Lebenszeit". Er warb um Sympathien für das Projekt Europa und auch für die EU-Kommission, die er eine "manchmal sehr schrullige, manchmal sehr tapfere Institution" nannte.

Die Literaturkritikerin Mara Delius von der Tageszeitung "Die Welt" lobte Buchpreis-Träger Menasse, der "eine Tragikomödie mit bitterernstem Unterton" geschaffen habe. Das Buch "Die Hauptstadt" sei ein "Plädoyer für ein Europa jenseits nationaler Egoismen".

Sigmar Gabriel gratuliert

Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) gratulierte Robert Menasse zum Buchpreis. "Es freut mich besonders, dass die Jury einen leidenschaftlichen Europäer auszeichnet, der in seinem Roman 'Die Hauptstadt' scharfsinnig und mit viel Liebe fürs Detail den Brüsseler Alltag schildert", erklärte Gabriel am Dienstag in Berlin. Die "großartig recherchierte" Erzählung über das politische Europa mache deutlich, dass es sich "trotz aller Schwierigkeiten lohnt, sich für das einzigartige Friedensprojekt Europa einzusetzen".

Rund 280.000 Besucher werden in den Ausstellungshallen und zu den mehr als 4.000 Veranstaltungen erwartet. Am Samstag und Sonntag öffnet die fünftägige Messe traditionell ihre Tore für das allgemeine Publikum. Zum Abschluss wird am Sonntag in der Paulskirche der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. Er geht in diesem Jahr an die Kanadierin Margaret Atwood.

Der Deutsche Buchpreis

Mit dem Deutschen Buchpreis zeichnet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels seit 2005 jährlich den besten deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Der Preisträger erhält 25.000 Euro, die fünf Finalisten jeweils 2.500 Euro. Im vergangenen Jahr hatte der Roman "Widerfahrnis" von Bodo Kirchhoff das Rennen gemacht.

Er sei sehr gerührt, den Preis erhalten zu haben, sagte Menasse. Zugleich sei er aber auch sicher, dass seine fünf Konkurrenten die Auszeichnung ebenso verdient gehabt hätten. Neben Menasses "Die Hauptstadt" waren die Romane von Gerhard Falkner: "Romeo oder Julia" (Berlin-Verlag), Franzobel: "Das Floß der Medusa" (Paul Zsolnay), Thomas Lehr: "Schlafende Sonne" (Carl Hanser), Marion Poschmann: "Die Kieferninseln" (Suhrkamp) sowie Sasha Marianna Salzmann: "Außer sich" (Suhrkamp) in die engere Wahl gekommen.

Die Messe

Frankreich ist in diesem Jahr Gastland der Fachmesse, zu der mehr als 7.150 Aussteller aus 106 Ländern erwartet werden. Aus Frankreich haben 180 Autoren ihr Kommen zugesagt, darunter Michel Houellebecq, Yasmina Reza und Alain Mabanckou.


Quelle:
KNA , epd