Der Theologe Manfred Lütz fordert eine Reform des Christentums in Deutschland

„Mehr Entschiedenheit, Ernsthaftigkeit und Einsatz“

Der Psychiater und katholische Theologe Manfred Lütz hat zur umfassenden Reform des Christentums in Deutschland aufgerufen. In keinem Land der Welt seien die christlichen Kirchen so nachhaltig institutionalisiert.

 (DR)

Nötig seien mehr Entschiedenheit, Ernsthaftigkeit und persönlicher Einsatz, heißt es in einem Beitrag des Bestseller-Autors ("Der blockierte Riese: Psycho-Analyse der katholischen Kirche", "Gott: Eine kleine Geschichte des Größten") für das evangelische Magazin "chrismon" in der November-Ausgabe.



Wohl in keinem Land der Welt seien die christlichen Kirchen so nachhaltig institutionalisiert wie in Deutschland, merkte Lütz kritisch an: "Sie sind die größten Arbeitgeber." Doch nicht nur die bezahlten hauptamtlichen oder ehrenamtlichen Kirchenmitglieder, jeder Christ sei dazu verpflichtet, "die Einsamen zu besuchen, Sterbenden beizustehen und Menschen in Not zu helfen".



"Die großen historischen Leistungen des Christentums"

Zum Gottesdienst sagte Lütz, es müsse klar werden, "dass Christentum nicht ewiger Kindergottesdienst ist, sondern etwas für Erwachsene, nichts Harmloses, sondern eine Sache auf Leben und Tod." Die Menschen wollten Gott und dem Heiligen begegnen, "nicht bloß dem originellen Pfarrer".



Jeder Christ müsse zudem über die großen historischen Leistungen des Christentums Bescheid wissen. Als Beispiel nannte Lütz die Entdeckung des Mitleids mit den Schwachen sowie die Befreiung von Sklaverei und Unterdrückung. Auch die "hohe Theologie" müsse wieder mehr als Hilfe für den alltäglichen Glauben wahrgenommen werden, "als demütiger Dienst und nicht als elitäres intellektuelles Projekt, das schlichtem Glauben mit ironischer Verachtung begegnet", fügte der Autor hinzu.